Zustände am Hauptbahnhof haben sich kaum verbessert

Mit Gerhard Hachmann war das so eine Sache: Zum einen war der Jurist ganz am Anfang des 20. Jahrhunderts für einige Jahre „Polizeiherr“ der Senats, heute würde man wohl Innensenator sagen. Gleichzeitig stand er aber auch dem „Armenwesen“ vor, war mithin für das Soziale zuständig. Als Namenspate für einen Platz direkt an einem Hauptbahnhof wird es wohl – unabhängig von weiteren Verdiensten des Mannes etwa als Bürgermeister – keinen Besseren als Hachmann in Hamburgs Geschichte gegeben haben: Diese Orte sind überall auf der Welt ein Kristallisationspunkt der Gesellschaft; hier treffen Gestrandete mit Reisenden und ansässigen Kaufleuten mit ihren Geschäften und Imbissen aufeinander, und nur selten ist diese Gemengelage frei von Konflikten. In Hamburg, das mit täglich 450.000 Reisenden den größten Bahnhof Deutschlands aufweist – und der dazu anders als etwa in Berlin auch noch zentral zwischen Innenstadt und Szeneviertel liegt –, war die Entwicklung über Jahrzehnte besonders kritisch. Die Abwahl der SPD-Regierung im Jahr 2001 hing nicht zuletzt auch mit diesem Problem zusammen. Als Visitenkarte der Stadt war der Ausgang in Richtung Schauspielhaus jedenfalls nicht zu gebrauchen.

Ein Verwaltungsakt sollte dies vor einem Jahr ändern: Das Hausrecht ging von der Stadt auf die Deutsche Bahn AG über, die durch den Einsatz privater Sicherheitsdienste leichter Platzverweise durchsetzen konnte. Groß war die Aufregung, die Sozialverbände protestierten gegen die Verdrängung der Trinkerszene, ohne diesen Menschen gleichzeitig Angebote zu unterbreiten.

Heute ist zu konstatieren: Es ist im Vergleich zu früher temporär etwas aufgeräumter geworden am Bahnhof, aber die alkoholisierten Gruppen haben sich den Kontrollgängen des Bahnpersonals flexibel angepasst. Viel Aufregung um nichts also? Nun, vor allem zeigt sich, dass sich ein gesellschaftliches Problem wie das Abrutschen ganzer Bevölkerungsgruppen nicht durch die Verschiebung von Verantwortlichkeiten lösen lässt. Was unverändert gebraucht wird, ist ein Konzept für diese Menschen und nicht nur gegen sie.