Sommerspiele 2020 in Tokio – und schon 2024 bei uns?

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat sich bei der Wahl des Ausrichters für die Sommerspiele 2020 mit überraschend deutlicher Mehrheit von 60:36 Stimmen für das geringste Risiko entschieden: für Tokio, gegen Istanbul und Madrid. Die Nachwehen des Reaktorunglücks in Fukushima scheinen den Herren der Ringe offenbar eher beherrschbar als die Finanz- und Arbeitslosenprobleme Spaniens oder die gesellschaftspolitischen Spannungen am Bosporus. Die Japaner sind als verlässliche Organisatoren bekannt, die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt verspricht solide durchgerechnete Spiele.

Fantasie steckt nicht in diesem Votum, sonst hätte wohl Istanbul, die boomende Metropole zwischen Orient und Okzident den Zuschlag erhalten müssen. Die Türken scheiterten bereits zum fünften Mal. Weil aber schon die Spiele 2016 in Rio de Janeiro dem IOC momentan größte Sorgen bereiten, war ein weiterer mutiger Entschluss nicht zu erwarten.

Für Deutschland hat die Wahl gleich mehrere Auswirkungen: Istanbul dürfte bei der Fußball-Europameisterschaft 2020 jetzt als Gastgeber fürs Halbfinale und Finale favorisiert werden. München als einzigem deutschen Austragungsort dieser EM in 13 Ländern blieben nur Vorrunden- und maximal ein Viertelfinalspiel. Für Olympische Sommerspiele öffnet sich aber Städten wie Berlin und Hamburg ein neues Zeitfenster. Schon 2024 wären sie in Europa wieder möglich, spätestens jedoch 2028, wenn, wie erwartet, 2024 die USA als wichtigster IOC-Finanzier zum Zuge kommen.

Der Deutsche Olympische Sportbund tendiert jedoch zum kleinen Karo, Winterspielen 2022 in München. Gibt die Bevölkerung vor Ort per Volksentscheid im November diesen Weg frei, müssen sich Berlin und Hamburg wahrscheinlich erneut hinten anstellen. Dabei sollten die Lehren aus der Vergabe der Sommerspiele 2020 andere sein: Eine deutsche Stadt muss keine Konkurrenz fürchten. Schon diesmal hätte sie beste Chancen gehabt, wäre denn eine angetreten.