Fingerabdrücke in Kantinen taugen nicht zum Skandal

Im ersten Moment mag es wie eine Schreckensvision erscheinen, die sich George Orwell erdacht haben könnte: Schon Erstklässler bekommen in Hamburger Schulkantinen ihr Mittagessen, nachdem sie sich mit dem Abdruck ihres Fingers ausgewiesen haben.

Wer jedoch genauer hinschaut, kann die Aufregung, die um dieses Thema in der Stadt entstanden ist, nicht ganz nachvollziehen. Denn erstens stehen die Schulen vor dem nicht ganz einfachen Problem, die Bezahlung in den Kantinen schnell und möglichst unbürokratisch abzuwickeln, ohne dass einige Kinder stigmatisiert werden, weil ihre Familien staatliche Unterstützung erhalten. Zweitens handelt es sich nicht um einen polizeilichen Fingerabdruck, sondern ein technisch ausgeklügeltes System, das die Daten der Schüler verschlüsselt speichert. Wer dem drittens – vielleicht aus gutem Grund – misstraut, der wählt eben ein alternatives Bezahlmodell.

Das ist das Entscheidende: Es gibt keinen Zwang. Eltern können sich informieren und haben die Wahlfreiheit, auf welchem Wege sie die Bezahlung abwickeln wollen. Vielleicht entscheiden sie sich für bargeldlose Chipkarten, auch wenn die Erfahrung zeigt, dass gerade Grundschüler dazu neigen, diese auch mal zu verbummeln. Wer will, kann der pädagogischen Erwägung von Datenschützer Johannes Caspar folgen, der findet, Schüler sollten schon früh zu einem kritischen Umgang mit ihren sensiblen biometrischen Daten erzogen werden. Da mag etwas dran sein. Aber weil die Eltern die Wahl haben, eignet sich das Thema kaum zur Skandalisierung.

Was an der Adolph-Schönfelder-Schule passiert ist, wo Schülern gegen den Willen ihrer Eltern der Fingerprint abgenommen wurde, steht auf einem anderen Blatt. Dem gehen die Datenschutzbehörden zu Recht nach.

Die Politik aber täte gut daran, auf die Erfahrungen zu hören, die die Praktiker an den Schulen mit dem Fingerabdrucksystem gemacht haben. Und das sind überwiegend gute. Dass sich vielfach ein Großteil der Eltern für diese Bezahlmethode entschieden hat, sagt einiges aus.