Landeselternausschuss hält neue Bezahltechnik an 16 Schulen für den falschen Weg. Es gibt aber auch gute Erfahrungen

Hamburg . Wenn mehrere Hundert Kinder mittags hungrig aus dem Unterricht kommen und in der Schulkantine für ein warmes Essen anstehen, muss es schnell gehen. Um die Essensausgabe zu beschleunigen und sicher festzustellen, wer schon bezahlt hat, setzt das Unternehmen People & Projects IT mit Sitz in Elmshorn an 16 Schulen der Hansestadt den sogenannten Fingerprint oder Fingerscan ein.

Dabei müssen die Kinder zwar keinen Fingerabdruck wie bei der Polizei abgeben, allerdings werden sechs Messpunkte an der Fingerkuppe im Computer in eine Zahl umgewandelt und anstelle des Schülernamens gespeichert.

Seitdem das Abendblatt berichtete, dass an der Adolph-Schönfelder-Schule in Barmbek-Süd auch solchen Kindern ein Fingerabdruck abgenommen wurde, deren Eltern dem gar nicht zugestimmt haben, weil sie sich für ein alternatives Bezahlmodell entschieden hatten, wird in der Hansestadt heftig darüber gestritten, ob Kinder an Schulen ihre biometrischen Daten abgeben sollten, um ein Mittagessen zu bekommen.

Die CDU ist generell dagegen und erhebt scharfe Kritik: Das Abrechnungsverfahren sei grundsätzlich fragwürdig, Hamburgs Eltern seien zu Recht empört, sagt die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Karin Prien. Alternative Abrechnungsverfahren wie etwa einfache Bezahlkisten oder Chipkarten erfüllten ihren Zweck vollkommen. „Der Senat muss sicherstellen, dass in diesem Zusammenhang keine biometrischen und personenbezogenen Daten von Minderjährigen gespeichert werden“, fordert Prien. Die FDP-Bildungsexpertin Anna von Treuenfels findet es inakzeptabel, dass von Kindern ohne ausdrückliche Elterneinwilligung Fingerabdrucke genommen werden – dies passt aus ihrer Sicht zum überstürzten Ausbau der Ganztagsschulen in Hamburg. Der Landeselternausschuss für Kindertagesbetreuung (LEA) fordert, die Fingerabdruck-Kontrolle bei der Mittagessen-Ausgabe zu stoppen. „Eine solche Technik hat an Schulen nichts zu suchen“, sagt LEA-Vorstand Jörg Gröndahl. Es sei unerträglich, wenn Sicherheitstechnik darüber entscheide, wer in der Schulkantine essen dürfe und wer nicht. Die Schulbehörde hingegen hat keine Einwände gegen das Bezahlen per Fingerprint – sofern das Verfahren an der Schule eines unter mehreren sei und die Eltern die Wahl haben. „Schule und Eltern entscheiden an jeder Schule eigenverantwortlich über den Caterer und das Bezahlverfahren“, sagt Behördensprecher Peter Albrecht. „Die Schulbehörde achtet darauf, dass es sich um ein bargeldloses Verfahren handelt und dass die Eltern mit dem Bezahlmodell einverstanden sind.“ Bargeldlose Bezahlmodelle, ob mit Chipkarte, Fingerscan oder Essensmarken, ermöglichten erstmals sozial gestaffelte Essenspreise, ohne dass sich Kinder beim Bezahlen am Tresen als sozial benachteiligt offenbaren müssten.

In der Praxis haben tatsächlich viele Schulen gute Erfahrungen mit dem Fingerscan-System gemacht. „Super“ seien die, sagt Helga Wendland, Leiterin der Ida-Ehre-Schule. Bei einigen Eltern habe es zunächst Bedenken wegen des Datenschutzes gegeben, die seien jedoch bei fast allen ausgeräumt worden, als das Unternehmen People & Projects seine Technik vorgestellt habe.

Wer den Fingerprint ablehne, könne sich zudem für ein anderes Bezahlmodell entscheiden, so Wendland. Davon Gebrauch machten an ihrer Schule aber nur etwa zehn von 300 Elternpaaren. Als Ganztagsschule im sechsten Jahr habe man zuvor die unterschiedlichsten Modelle ausprobiert, berichtet Wendland. Als die Kinder für Essensmarken anstehen mussten, wurde klar, wer öffentliche Förderung erhält. Chipkarten gingen häufig verloren, dann liefen manchmal auch die Tränen.

„Die Vorteile des Fingerprints scheinen die Nachteile zu überwiegen“, sagt Wendland. Natürlich sei letztlich nicht völlig auszuschließen, dass das Unternehmen die verschlüsselten Fingerprint- Daten weitergebe. „Aber“, fragt Wendland, „wissen wir das bei einer Chipkarte?“ Ähnlich sieht dies Stefanie Klinge, Elternvertreterin an der Erich-Kästner-Schule, die den Fingerprint einsetzt. „Anfangs gab es Bedenken, aber die Eltern sind sehr ausführlich informiert worden und mit dem Modell sehr zufrieden“, sagt sie. Genutzt wird der Fingerprint auch an der Sankt-Ansgar-Schule, den Grundschulen Ernst-Henning-Straße und Franzosenkoppel, den Gymnasien Buckhorn und Kaiser-Friedrich-Ufer, den Stadtteilschulen Winterhude, Eidelstedt, Blankenese, Bahrenfeld und Humboldtstraße, dem Luisen-Gymnasium, dem Gymnasium Dörpsweg, der Fritz- Köhne-Schule, der Julius-Leber-Schule, der Elbschule, der Grundschule Eenstock, der katholischen Sophienschule sowie der Wilhelm-Focke-Schule.

Auch die Elternkammer hat grundsätzlich kein Problem mit dem Fingerprint – unter der Bedingung, dass die Eltern die Wahlfreiheit haben. „Der Elternwille ist zu respektieren“, fordert der Kammervorsitzende Gerrit Petrich. „Es muss für diejenigen, die nicht das Fingerprint-System nutzen möchten, einen anderen diskriminierungsfreien Zugang zum Mittagessen geben.“

Anders bewertet er die Vorgänge an der Adolph-Schönfelder-Schule. „Das geht gar nicht“, sagt Petrich. Dies scheint auch die Schulbehörde so zu sehen. „Fingerscan gegen den Willen von Eltern ist verboten“, sagt Behördensprecher Peter Albrecht.