Senat muss realistische Kostenkalkulation vorlegen

Kongresse können wir ja, wir Deutschen. Im weltweiten Vergleich der Länder steht die Bundesrepublik an zweiter Stelle – nur in den USA werden nach dem Ranking der International Congress & Convention Association mehr internationale Kongresse ausgerichtet. Hamburgs Congress Center, das CCH, das sich in städtischem Besitz befindet, hat daran einen großen Anteil: Rund 300 solcher Veranstaltungen mit etwa 350.000 Teilnehmern (hinzu kommen noch etwa 150 Konzerte sowie weitere Veranstaltungen) finden hier in den insgesamt 23 Sälen mit 12.500 Sitzplätzen auf einer Ausstellungsfläche von 10.000 Quadratmetern jährlich statt. Vor allem die attraktive Lage – in fußläufiger Nähe zu Innenstadt und Messe – macht das CCH zu einem der stärksten Mitbewerber auf dem weltweiten Kongressmarkt.

Aber die teils marode Bausubstanz, die Weiterentwicklung der Kommunikationstechnik und die immer strengeren Sicherheitsauflagen machen die gründliche Renovierung des CCH erforderlich. Das diese erst 2017 begonnen wird und Ende 2018 abgeschlossen sein soll, erscheint zunächst nicht nachvollziehbar. Doch Kongressplaner benötigen ein hohes Maß an Planungssicherheit, um ihre Stammkunden nicht zu verprellen. Und so ist es auch nötig, dass die Arbeiten im Zeitplan beendet werden. Bei einer Projektverzögerung liefe Hamburg Gefahr, sehr schnell den Anschluss an den Weltmarkt zu verpassen.

Die Planungs- und Baukosten sind in jedem Fall gut investiertes Steuergeld. Natürlich immer nur bis zu einer realistischen und damit auch vertretbaren Höhe, wobei zurzeit jedoch niemand in der Stadt genau zu wissen scheint, ob sich die zu erwartenden Kosten im 100-Millionen- oder im 200-Millionen-Euro-Bereich befinden oder gar noch höher ausfallen könnten. Eine realistische Kostenkalkulation fehlt. Und so ist Raum für Spekulationen gegeben, den die Opposition ausnutzt.

Der Senat muss für Klarheit sorgen. Die Landesregierung will das in voraussichtlich 14 Tagen tun. Doch in dieser Phase des Projekts ist sorgfältiges Rechnen vielleicht noch wichtiger als Schnelligkeit. Belastbare Zahlen sind die einzige legitime Grundlage einer konstruktiven Kostendebatte. Denn niemand in Hamburg hat die Absicht, eine zweite Elbphilharmonie zu bauen.