Im Drohnen-Desaster wälzt Verteidigungsminister de Maizière die Verantwortung ab

Da hat wohl jemand früher zu viel Schwarzer Peter gespielt: Verteidigungsminister Thomas de Maizière ging gestern im Verteidigungsausschuss zum Angriff über - und schob die Schuld am Millionen Euro teuren Drohnen-Desaster der Bundeswehr erst einmal anderen in die Schuhe.

Sein Ministerium - in vorderster Front die beiden Staatssekretäre Stéphane Beemelmans und Rüdiger Wolf - hätte ihn nicht richtig und vor allem zu spät informiert. Und auch in den Ebenen darunter habe es nicht richtig funktioniert.

Schuld seien darüber hinaus auch die Amerikaner. Der Rüstungskonzern Northrop Grumman hätte der Bundeswehr die Dokumentationen nicht in der erforderlichen Qualität zur Verfügung gestellt. Denn: Das Verteidigungsministerium hatte einen Vertrag unterschrieben, nach dem die Akteneinsicht nur in den Räumen der Rüstungsfirma in den USA erlaubt war.

Ach ja, das Schwarze-Peter-Spiel des Thomas de Maizière ging sogar noch weiter: Ohnehin sei das ganze Projekt ja bereits vor seiner Amtszeit entstanden, führte der Minister im Verteidigungsausschuss des Bundestages aus.

All das mag am Ende sogar richtig sein: Dennoch hinterlässt der Auftritt Thomas de Maizières mehr als nur einen schalen Beigeschmack. Der Chef des ganzen großen Apparates, der Mann, der die Verantwortung trägt, stellt sich hin und wälzt die Verantwortung auf andere ab.

Schuld sind die anderen. Ich habe davon nichts gewusst. In Hamburg sagt man zu so etwas nur knapp: "Das geht gar nicht!"

Natürlich hat de Maizière die Fehler nicht selbst gemacht - aber ebenso natürlich ist er verantwortlich für die Strukturen und das richtige Personal. Wenn in einem riesigen Ministerium ein Fehler begangen wird, muss ein angesehener Minister - auch wenn es die Opposition natürlich gerne und allzu schnell fordert - nicht gleich zurücktreten. Er muss aufklären. Er muss korrigieren. Und er muss Abläufe verbessern. Aber auf keinen Fall darf er sich vor die Öffentlichkeit hinstellen und sagen: Ich habe mit alledem nichts zu tun.

Mindestens ebenso schlimm wie das Schwarze-Peter-Spiel des Ministers war das unglaubwürdige Schöngerede im Verteidigungsausschuss. Wie kann man sich in einer solchen Situation mit breiter Brust hinstellen und sagen: Meine Mitarbeiter haben versagt, mich nicht informiert - aber dennoch haben wir die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit getroffen. Es hätte ja gar nichts gebracht, wenn wir früher eingeschritten wären. Da hätten wir auch nicht weniger Millionen aus dem Fenster geworfen ...

Glaubwürdigkeit, Einsicht, ja auch so etwas wie Reue sehen jedenfalls anders aus.

Angela Merkels Vorzeigeminister ist mit dem Fall "Euro Hawk", aber in Teilen auch mit seinem gestrigen Auftritt, zum Verteidigungsfall geworden. Nach den Linken fordern nun auch die Sozialdemokraten den Rücktritt des Ministers. Doch der vierte Personalwechsel an der Spitze des Verteidigungsministeriums würde wahrscheinlich mehr schaden als helfen. Die Bundeswehr befindet sich mitten in einem großen Wandel und in ständig neuer Herausforderung. Da hilft auch etwas Kontinuität.

Statt mit dem Finger auf andere zu zeigen, hätte Thomas de Maizière vor dem Ausschuss gleich eigene Versäumnisse einräumen und erklären müssen, was sich in seinem Ressort künftig verändern wird - damit sich derartige Desaster nicht wiederholen.

Einen Hoffnungsschimmer gibt es: Künftig will sich der Verteidigungsminister regelmäßig über größere Rüstungsvorhaben informieren lassen. Immerhin.