Die Krawalle in Schweden sind auch Indiz für mangelnden Integrationswillen

Ein weltoffenes, tolerantes, sogar zur Selbstironie fähiges Land mit einer ganz eigenen, liebenswerten Kultur - dieses Bild von sich hat Schweden vor wenigen Tagen im European Song Contest der Welt vorgestellt. Mit einigen Einschränkungen stimmt dieses Bild auch - paradoxerweise hat grade diese Liberalität zur sozialen Explosion in einigen schwedischen Städten beigetragen. In der nordischen Idylle brennen Autos, beklagt die Presse den Ausbruch eines "Guerillakrieges".

Schweden hat seit unglaublichen 200 Jahren keinen Krieg mehr geführt, ist an zahlreichen Hilfs- und Friedensaktionen an den Brennpunkten der Welt beteiligt - und hat jahrzehntelang Flüchtlinge aus Krisengebieten ohne bürokratische Hürden bei sich aufgenommen.

Man hat angenommen, die vor Tyrannei und Gewalt geflohenen Menschen würden sich freudig in das erfolgreiche schwedische Gesellschaftsmodell integrieren. Dies ist jedoch in vielen Fällen aus mindestens drei Gründen gescheitert. Zum einen haben die Flüchtlinge ihr eigenes Land gezwungenermaßen verlassen; es lag damit keine bewusste Entscheidung für eine Auswanderung vor. Zum anderen hat die Bildung von ethnischen Zusammenballungen und Parallelgesellschaften in hastig errichteten Stadtteilen eine Integration verhindert und eher zur Gettobildung geführt. Und schließlich besitzt die schwedische Gesellschaft mit ihren vielen alten Traditionen einen ganz eigenen Charakter, den man sich als Immigrant nur mit Mühe und gutem Willen erschließen kann. Die Verteidigung dieser Kultur liegt den sonst so kosmopolitischen Schweden außerordentlich am Herzen. Die Schattenseite der ausgeprägten Heimatliebe sind verbreitete rechtsradikale Tendenzen.

Nun mag es sein, dass auch Schweden unterhalb seiner Möglichkeiten geblieben ist, Immigranten Angebote zur leichteren Eingliederung zu unterbreiten. Integration ist zwar eine bilaterale Angelegenheit - aber doch in erster Linie eine Bringschuld der Einwanderer. Ich kann doch nicht in ein Land mit einer völlig anderen Kultur ziehen und dann erwarten, dass man sich mir anpasst.

Fast 90 Prozent des Malmöer Problemstadtteils Rosengård haben einen Migrationshintergrund, die meisten sind Muslime. In den Familien wird ausschließlich Arabisch gesprochen - und dann lodert Wut auf den Staat auf, wenn die Kinder in der Schule scheitern und keinen Arbeitsplatz bekommen. Die wenigen Juden ziehen entnervt fort - bedroht, geschmäht. Vor einem jüdischen Gemeindehaus in Rosengard standen nach Medienberichten einmal Dosen mit der Aufschrift "Zyklon B" - so hieß das Giftgas, mit dem die Juden in Auschwitz ermordet wurden.

80 Prozent beträgt der Anteil der Migranten im Stockholmer Bezirk Husby, in dem derzeit Krawalle toben. In diesen Tagen besonders, weil zum Monatsende die Sozialleistungen zur Neige gehen, von denen ein großer Teil der Menschen dort lebt. Die Gewalt ist bereits notorisch: Die Hälfte der in Husby Festgenommenen hat Vorstrafen. Die globale Krise hat die sozialen Probleme verschärft, ebenso die Kürzungen der Transferleistungen. Auch Schweden, einst Heimat des sozialistischen "Volksheim-Systems", kann es sich nicht mehr leisten, Füllhörner auszuschütten. Schwedens soziales System beruht maßgeblich auf Liberalität, Gleichberechtigung, Solidarität, Kooperation und Konsens. Es sind Werte des "skandinavischen Modells", das von vielen vor allem muslimischen Immigranten abgelehnt wird.

Nach den bitteren Erfahrungen in Rosengard oder Husby muss Schweden zunächst die Gewalt polizeilich unter Kontrolle bringen. Dann die Ausbildungsangebote an Immigranten deutlich verstärken - und schließlich wohl die Einwanderung drosseln. Das Modell Multikulti ist jedenfalls vorläufig in Schweden gescheitert.