Das bizarre Barbie-Haus befördert Rollenklischees

Es gibt ein Kinderbuch von Heidi Klum, in dem die rosa glitzernde Zahnfee den Milchzahn eines kleinen Mädchens nicht annimmt. Er ist ihr nicht weiß genug. Bedauernd teilt die zynische Zahnfee dem Kleinkind mit (wenn auch in anderen Worten): "Ich habe heute leider kein Foto für dich."

Dass die Heidiklumisierung jetzt schon im Kita-Alter beginnt und Mädchen hervorbringt, die mit 15 oder 16 Jahren bei "Germany's Next Topmodel" "mit einer Taschenlampe" (O-Ton einer Kandidatin) nach nicht sorgfältig entfernten Härchen am eigenen Körper fahnden, kann man ein schräges Phänomen unserer Zeit nennen. Man kann darüber den Kopf schütteln und unbeirrt weiter "Pippi Langstrumpf" vorlesen, in der Hoffnung, das eigene Kind möge irgendwo zwischen Barbiewahn und Lillifee-Terror vor allem eine starke Persönlichkeit ausbilden. Gäbe es nicht immer mehr Bereiche des Heranwachsens, in denen längst überholt geglaubte Rollenklischees und Verhaltensmuster unhinterfragt propagiert oder toleriert werden - geschlechtsspezifische Legokästen, pinkfarbene Überraschungseier und jetzt als Gipfel der unironischen Pinkisierung des Kinderalltags: ein bizarres begehbares Barbie-Haus in Berlin. Wo kleine Mädchen ab drei Jahren für 12 Euro Eintritt lernen können, worauf es im Leben einer Frau ankommen wird: sich hübsch anzuziehen, sich hübsch zu schminken, hübsch auf einem Laufsteg zu flanieren und (für die raren Momente, in denen "Wie sehe ich aus?" nicht das Denken bestimmt) hübsche kleine Cupcakes zu backen. Ein rosaroter (Alb-)Traum.

Spießige Feministinnenrhetorik? Und wenn schon. Wenn Mami sich bei "Sex and the City" mit der Oberflächlichkeit einer New Yorker Mädelsclique solidarisiert oder mit dem eigenen Schuhtick kokettiert, ist das eben nicht dasselbe wie einem Vorschulmädchen die Wahl zwischen Model und Kuchenbäckerin zu lassen. Verblüffend eigentlich, angesichts der Tatsache, dass - trotz Herdprämie und konservativem Rückschlag in Sache Frauenquote - selten offensiver und effektiver über weibliche Karrieren diskutiert wurde. Umso wichtiger, dass sich die Frauen, die Karriere machen, nicht gegen Kinder entscheiden. Damit Heidi Klum und Barbie reichlich Rollenvorbildkonkurrenz bekommen.