Es ist im Deutschen sowohl schwer als auch schwierig, den Unterschied zwischen “schwer“ und “schwierig“ eindeutig festzumachen

In 50 Jahren als Journalist habe ich für meine Veröffentlichungen schon mancherlei Reaktionen erlebt - Lob, Tadel, Anfeindungen, aber noch nie eine solche Resonanz und Zustimmung wie für diese Kolumnen über die Fallen und Erscheinungsformen der deutschen Sprache. Die Abendblatt-Leser beschäftigen sich mit ihrer Muttersprache, und sie haben viele Fragen und Anregungen. Heide Z. schreibt: "Heute möchte ich Ihnen einen Vorschlag unterbreiten: Können Sie sich nicht einmal den beiden Wörtern schwer und schwierig widmen? Fast alle Moderatoren im Fernsehen und Radio kennen den Unterschied nicht. Für sie ist meist alles nur schwer, obwohl es schwierig heißen müsste."

Die Antwort ist schwer. Oder schwierig? In diesem Fall wäre beides möglich. Häufig sind "schwer" und "schwierig" gleichbedeutend. Eine schwere Aufgabe kann ebenso kompliziert und schweißtreibend sein wie eine schwierige Aufgabe. Vielen Menschen fällt es schwer, hier eine Unterscheidung zu treffen. Sie müssen es auch gar nicht. Mein alter Direktor sei noch einmal zitiert: "Ein Problem hat keine Masse. Daher kann es nicht schwer oder leicht, sondern nur schwierig oder einfach sein!" Aber was ist mit schwer erziehbaren Kindern? Die müssen nicht dick sein, obwohl es schwierig werden könnte, sie von Pommes frites und Schokoriegeln fernzuhalten. Damit macht der Nachwuchs seinen Eltern das Leben schwer, die mit dieser schwierigen Aufgabe zunehmend überfordert sind.

Das Adjektiv "schwer" wird der Einfachheit halber gern mit "großem Gewicht" in Verbindung gebracht (ahd. swär) . Wir rufen nach einer Waage. Wie viel wiegt jedoch eine schwerwiegende Entscheidung? Die kann den Lebensweg bestimmen, lässt sich aber nicht in Gramm oder Kilo ausdrücken. Das Adjektiv "schwierig" kommt vom mhd. swerig für "voller Schwären, eitrig, kompliziert wie eine schwärende Wunde". Da wir heutzutage aber nicht pausenlos mit Kluges "Etymologischem Wörterbuch" unter dem Arm herumlaufen können, ist es neuhochdeutsch an "schwer" angelehnt.

Es gibt allerdings Sätze, in denen wir die beiden Adjektive streng trennen müssen. Ein schwerer Kopf (Brummschädel) ist etwas anderes als ein schwieriger Kopf (komplizierter Zeitgenosse). Oma wird im Alter von Jahr zu Jahr schwieriger (eigenbrötlerischer), aber nicht schwerer, denn sie nimmt stetig ab und ist nur noch Haut und Knochen. Klein Fritzchen jedoch wird immer schwieriger, was mit Internet, Schulfrust und RTL 2 zu tun hat, und auch immer schwerer, denn es wächst. Bei "schwer" liegt oft ein eher emotional gefärbter Grund vor. Der Tod seiner Frau war für ihn schwer zu verkraften. Dieser Kummer lag ihm schwer auf der Seele. Die schwierige Situation ließ den Mann fast vergessen, dass das Leben weitergehen musste.

Es gibt viele Überschneidungen. "Schwierig" kann man in den meisten Fällen durch "schwer" ersetzen. Aber nicht immer. Meine Aufgabe ist schwierig. Ein Trecker nicht. Der ist nur schwer. Man sieht, beim Deutschen handelt es sich um eine schwierige Angelegenheit, bei der es häufig weniger um feste Regeln als um das Sprachgefühl geht. Schwierig, weshalb wir ja auch sagen: Deutsche Sprache - schwere Sprache. Übrigens: Der Duden hält sich heraus. Er gibt keine Hilfe bei der Unterscheidung zwischen "schwer" und "schwierig". Man erlaube mir, es bei diesen Beispielen zu belassen und hinter die Umgangssprache zurückzutreten.

Journalisten schreiben für den Tag (frz. le jour - der Tag), können ihre Texte in den meisten Fällen jedoch nachlesen und korrigieren lassen. Die Reporter am Mikrofon im Stadion oder am Tatort haben diese Gnadenfrist nicht. Was sie sagen und formulieren, geht ohne Verzug auf Sendung. Deshalb wollen wir darüber hinwegsehen, wenn in Boston ein "mutmaßlicher Verdächtiger" ausgemacht wird, ein Fußballspieler in 90 Minuten 120 km gelaufen sein soll (natürlich nicht beim HSV) oder die "Fuggerstädter" gegen den Abstieg kämpfen. Kollegen, bevor es komisch wird, riskiert bitte eine Wiederholung und sagt zweimal hintereinander "die Augsburger". Der FC Augsburg verschwindet ohnehin bald in der Zweiten Liga.

Der Verfasser, 71, ist "Hamburgisch"-Autor und früherer Chef vom Dienst des Abendblatts. Seine Sprach-Kolumne erscheint dienstags