Thalia-Intendant Joachim Lux und Karin Beier verbindet langjährige Arbeit. Als Schauspielhaus-Intendantin wird sie Lux' Konkurrentin

Wenn man bei einem Online-Portal, das gleich zu gleich zusammenbringen soll, also beispielsweise für eine Freundschaft - von einer Ehe gar nicht zu reden - ähnliche Interessen und Gemeinsamkeiten eingeben würde, dann bekäme man sehr wahrscheinlich Karin Beier, die neue Intendantin des Deutschen Schauspielhauses und Joachim Lux, den amtierenden Intendanten des Thalia Theaters, als perfektes Paar angeboten, um sie miteinander bekannt zu machen. Muss man aber gar nicht. Denn die beiden kennen sich schon. Und zwar sehr lange. Seit 1992, als die 26-jährige Regisseurin Beier ihre erste Inszenierung an einem Stadttheater machte, in Düsseldorf. Joachim Lux war damals dort Chefdramaturg und betreute Beier. Fortan verwirklichten die beiden viele gemeinsame Projekte. Mindestens zehn Jahre waren sie intensiv miteinander durch Inszenierungen und Stücke verbunden. Auch am Wiener Burgtheater, wo Lux Dramaturg war und Beier Regie führte.

Fünf Jahre ist Lux nun schon Intendant am Thalia Theater. Karin Beier war in den letzten Jahren Intendantin am Schauspiel Köln. Die beiden Chefs arbeiteten nun nicht mehr unbedingt miteinander, aber doch zusammen. Indem man Koproduktionen verwirklichte. Nicolas Stemanns Inszenierung des Jelinek-Stückes "Die Kontrakte des Kaufmanns" ist das Produkt einer solchen Zusammenarbeit. Die Aufführung lief nicht nur erfolgreich in Köln und in Hamburg, sie wurde auch zum Berliner Theatertreffen eingeladen, den Olympischen Spielen der deutschen Bühnen.

Von jetzt an wird wohl alles anders. Jetzt produzieren Lux und Beier nicht mehr gemeinsam oder sprechen über ihre Lieblingsprojekte miteinander. Von jetzt an sind die beiden Konkurrenten. Irgendwie. Denn Karin Beier beginnt nach dem Sommer ihre Intendanz am Deutschen Schauspielhaus, dem am schwersten zu leitenden Theater in Deutschland. Und natürlich muss sie sich gegen den langjährigen Arbeitsgefährten, der auf der anderen Seite der Alster ein Theater führt, abgrenzen. So wie er sich von ihr. Klar ist, dass alle Augen sich derzeit stärker aufs Schauspielhaus fokussieren. Dort ist zum ersten Mal eine Frau Chefin, zumal eine, die in den letzten Jahren das Kölner Theater aus dem Dornröschenschlaf geweckt, es zweimal zum "Besten deutschen Theater" gemacht und als Regisseurin eine große Karriere hingelegt hat. Klar ist aber auch, dass Lux sein Ensemble aus tollen Schauspielern in Hamburg nicht mehr vorstellen muss. Das Hamburger Publikum kennt es schon und geht gerne hin. Karin Beier muss ihr Ensemble erst noch präsentieren.

Komisch ist dann aber doch, dass sowohl Joachim Lux als auch Karin Beier Elfriede Jelinek und Fjodor Dostojewski im Spielplan haben werden. Und beide ein neues Stück des Engländers Martin Crimp. So, als gäbe es keine anderen spannenden Autoren. Lux hat ich allerdings für die kommende Saison deutlich klassischer aufgestellt. Er setzt auf Stücke wie Tschechows "Möwe", Hauptmanns "Ratten" oder Ibsens "Hedda Gabler", während Beier sich mutig an Projekte wagt, die sich mit der Internationalität Hamburgs, mit Götterstürzen, Religion, globalen Netzwerken und Migration auseinandersetzen. Aber auch Regisseur Herbert Fritsch wird am Schauspielhaus inszenieren. Der Experte fürs grotesk-komische hat aber bereits auch fürs Thalia inszeniert, den "Raub der Sabinerinnen".

Sehen wir's mal so. Für die Zuschauer kann die mögliche Konkurrenz der Staatsbühnen nur ein Gewinn sein. Sie bekommen jetzt zwei tolle Theater und viele Anregungen. München hat das, Berlin auch. In Hamburg war das jahrzehntelang so, zwischen Nagel und Gobert, Flimm und Baumbauer. Es war die beste, die produktivste Zeit der Hamburger Theater. Unzählige Male wurden sie ausgezeichnet. Und wer sagt eigentlich, dass Karin Beier und Joachim Lux sich nicht absprechen? Sicher, Hamburg ist groß, aber Karin Beier, die schon im letzten Jahr hierher zog, weil ihre Tochter hier eingeschult wurde, ist in die unmittelbare Nachbarschaft von Joachim Lux gezogen. Nach Eppendorf. Da trifft man sich doch mal. Sonnabends.