Die Ermittlung von TV-Quoten muss modernisiert werden

Lange Zeit hatten Deutschlands Fernsehmacher nur die "obersten 10.500" im Blick. Jene ausgewählten Bewohner von 5000 Haushalten, die ihre Sehgewohnheiten elektronisch erfassen lassen, damit wir wissen, wie viele Zuschauer sich vor dem Hamburger "Tatort", "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" oder "Germany's Next Topmodel" an den Bildschirmen versammeln. Einschalten, umschalten, ausschalten. Ein ewiger Kreislauf. Ob die 10.500 nun wirklich die Vorlieben der bunten Farbfernseh-Republik abbilden oder nicht, sie entscheiden über Wohl und Wehe neuer Shows und Serien und - darauf kommt es an - über die Preise für Werbeminuten.

Aber unser Medienkonsum ändert sich 50 Jahre nach Einführung der ersten Quoten-Messverfahren radikal. Immer mehr Zuschauer, mittlerweile fast ein Drittel der Bevölkerung, schaut auch online in die Ferne. In den Sender-Mediatheken, über bezahlpflichtige Streaming-Anbieter und natürlich über die kostenlosen Videoportale. So wird die ARD-Mediathek zum Beispiel über 30 Millionen Mal im Monat aufgesucht. Gut ein Zehntel aller Zuschauer einer "Tatort"-Folge sehen den Ermittlerteams nicht am gewohnten Sonntagabend zu, sondern im Anschluss in der Mediathek. Und das natürlich nicht nur im Haushalt, sondern auch unterwegs.

Die aktuelle Quotenmessung hat demnach so viel mit der Wirklichkeit zu tun wie die CD-Verkaufscharts der Popmusik: wenig. Die so leidenschaftlich ausgewerteten, diskutierten und vermarkteten TV-Reichweiten von gestern sind längst von vorgestern. Sie sind nur noch ein Teil der Relevanzerfassung. Man müsste herkömmliche TV-Einschaltquoten, ihre digitale Mehrverwertung und - auch daran wird gearbeitet - das entsprechende Echo in den sozialen Netzwerken erfassen, um zumindest halbwegs repräsentativ zu erkennen, welche Relevanz und Aufmerksamkeit eine Sendung genießt.

Immerhin werden in Kürze neue Messmethoden für die Bewegtbildnutzung im Netz ausprobiert. Wir werden sehen, ob es funktioniert. Dass dadurch auch das TV-Programm besser wird, darf mit gutem Gewissen bezweifelt werden.