Anmerkungen zur Bildung von Komposita. Im Deutschen kann man manches zusammenfügen, auf jeden Fall Wörter zu neuen Wörtern

"Über Ihre wöchentliche Deutsch-Kolumne freue ich mich immer wieder", schreibt Heinz N., 76, "wenngleich ich mich mit den vielen Fachbegriffen schwertue." Ich habe mich bemüht, jeden Fachgriff der Sprachwissenschaft ein- oder mehrmals zu erklären. Ganz ohne Fachbegriffe geht es allerdings nicht. Sie sind präziser und kürzer als umständliche Umschreibungen.

Nehmen wir die Zusammensetzung. Zusammensetzen kann man manches - ein Lego-Haus oder den Inhalt eines Überraschungs-Eies. Schon das Wort "Überraschungs-Ei" ist die eindeutige Bezeichnung für einen Artikel, der - umständlicher ausgedrückt - ein in Stanniolpapier eingewickeltes hohles Schokoladen-Ei ist, in dessen Innerem sich eine kleine Figur aus Kunststoff, oft in Form von zusammensetzbaren Einzelteilen, befindet.

Doch zurück zur Sprachwissenschaft, zur Zusammensetzung von zwei oder mehreren wortfähigen Stämmen zu einem neuen Wort. Aus einem "wilden Schwein" wird ein Wildschein, aus dem "Schweigen" und der "Pflicht" die Schweigepflicht, aus "dunkel" und "rot" dunkelrot, aus dem "Wind", dem "Schutz" und der "Scheibe" die Windschutzscheibe. Das Ergebnis solcher Kompositionen (Zusammensetzungen) sind die Komposita, Singular (Einzahl) Kompositum.

Komposita gibt es wie Sand am Meer. Pausenlos entstehen neue, die bis dahin noch niemand gehört hat. Hierbei handelt es sich um eine Eigenart der deutschen Sprache, die sie so artenreich, aber häufig auch recht undurchschaubar macht. Vielleicht erinnern Sie sich an die Mauerspechte, die im November 1989 plötzlich in Scharen auftauchten, aber nichts mit den Vögeln zu tun hatten, sondern Souvenirjäger waren, die das Schandwerk der Berliner Mauer mit Hammer und Meißel in kleine Betonbrocken zerlegten. Inzwischen steht das Wort im Duden.

In den zweiteiligen Komposita nennt das Zweitglied das Grundwort (-schwein), das durch das Erstglied, das Bestimmungswort (Wild-), näher bestimmt wird. Mehrteilige Komposita dürfen nicht unlesbar werden. Man sollte sie dann besser auflösen, etwa die "Treibstoffzufuhrregulierung" in die "Regulierung der Treibstoffzufuhr". Als längstes Kompositum gilt der Bandwurm "Grundstücksverkehrsgenehmigungszuständigkeitsübertragungsverordnung".

Wenn das Kompositum eine Vielzahl von Personen oder Objekten bezeichnet, gibt es keine feste Regel, ob das Erstglied im Plural (Mehrzahl) oder Singular steht. Das macht die Angelegenheit für Migranten, denen wir zumuten (müssen), die deutsche Sprache zu lernen, nicht gerade einfacher. Es heißt zwar Häuserblock, Kindergarten oder Pferderennbahn, die trotz des Plurals im Erstglied jeweils nur einmal vorhanden sind, andererseits Schafstall, Baumschule oder Apfelwein, obwohl hier Schafe, Bäume oder Äpfel in der Mehrzahl auftreten.

Wenn der Vater die Firma oder ganz Nordkorea an den Sohn übergibt, spricht man von einem "Wechsel der Generationen". Trotzdem ist es unzulässig, das Erstglied mit dem Genitiv Plural zu bilden. Es heißt hochsprachlich Generationswechsel und nicht "Generationenwechsel".

Folgt dem Kompositum ein Genitivattribut, so bezieht sich dies auf den zweiten Bestandteil. Korrekt ist der "Rentenanspruch der Angestellten", denn die Angestellten haben einen Anspruch auf Rente, nicht korrekt wäre hingegen die "Meldepflicht der Berufskrankheiten". Nicht die Berufskrankheiten haben die Pflicht zur Meldung, sondern sie sollen gemeldet werden. Richtig heißt es: die Pflicht zur Meldung von Berufskrankheiten.

Bestimmte Eigennamen und feste Fügungen stehen den Komposita nahe, zum Beispiel das Schwarze Brett, das eine begriffliche Einheit bildet, wobei aber beide Glieder flektiert werden: des Schwarzen Bretts. Eine Ausnahme bilden die biblischen Eigentümlichkeiten "der Hohepriester" oder "das Hohelied" in einem Wort.

Bei Zusammenschreibung wird folgendermaßen flektiert: des Hohelieds, dem Hohelied, das Hohelied; ein Hohelied der Treue singen. Ist der erste Bestandteil flektiert, was jetzt erlaubt ist, schreibt man nur getrennt: des Hohen Liedes, die ersten Zeilen im Hohen Lied Salomons.