Ob die Einigung über die Elbphilharmonie erfolgreich ist, weiß Hamburg erst in Jahren.

Sechs Jahre nach Baubeginn, zwei Jahre nach dem Regierungswechsel und mehr als ein Jahr nach dem totalen Baustillstand ist eigentlich der Zeitpunkt gekommen, da man den Hamburgern in Sachen Elbphilharmonie endlich befreit zurufen möchte: Die neuen Verträge sind gemacht, nun wird alles gut!

Aber wer sich dieser Tage mit solch einer Aussage aus dem Fenster lehnt, geht nach wie vor ein enormes Risiko ein, sich in naher oder ferner Zukunft am Boden unter dem Fenster wiederzufinden und kleinlaut einräumen zu müssen, dass er sich damals, im März 2013, wohl zu weit hinausgelehnt hat.

Ja, die Verträge sind gemacht. Aber ob Bürgermeister Olaf Scholz die richtige Entscheidung getroffen hat, ob die Probleme wirklich gelöst sind und die Elbphilharmonie wirklich 2017 eröffnet wird - das kann zu diesem Zeitpunkt niemand seriös versichern. Zu oft wurden in diesem einzigartigen Projekt schon Verträge, Vereinbarungen und Absichtserklärungen verfasst und unterzeichnet - und dann doch ignoriert, umgedeutet oder nur durch die Schlupflöcher betrachtet, die sie boten. Zu oft erwies sich ein "Pauschalfestpreis" - in Hamburg das Unwort des Jahrzehnts - als pauschale Verschleierung der Wahrheit. Zu oft haben die Stadt, die Architekten und die Baufirma Hochtief sich nicht wie Partner verhalten, sondern wie Gegner, als dass man diesem Wandel jetzt von heute auf morgen vertrauen könnte. Mit anderen Worten: Die Frage, ob nun alles gut wird, kann abschließend nicht vor 2016 beantwortet werden. So lange müssen die Hamburger sich gedulden.

Aber hoffen darf man ja. Und der neue Vertrag - der ja noch gar nicht unterschrieben ist, um nur eine der vielen Unwägbarkeiten zu nennen - bietet einigen Anlass zur Hoffnung. Dass Hochtief und die Architekten zu einer Zusammenarbeit unter einem Dach bewegt werden konnten, erinnert an Hund und Katze, die sich künftig einen Korb teilen wollen - wenn es denn klappt, könnte es viele Probleme beseitigen. Auch die Garantien und Sicherheitsleistungen, die der Baukonzern übernehmen will, gehen weit über alles bislang vereinbarte hinaus. Und nicht zuletzt nährt die prompte Veröffentlichung des Vertrages das arg verwelkte Pflänzchen "Vertrauen in die Politik". Dass die Hamburger sich selbst ein Bild von der Vereinbarung machen können, dass die Bürgerschaft darüber beraten kann, bevor sie wirksam wird, lässt zumindest hoffen, dass die Beteiligten davon überzeugt sind, eine gute Lösung gefunden zu haben, und gewillt sind, sich daran messen zu lassen.

Allerdings, und das ist die Kehrseite der Medaille, hat das alles einen schmerzhaft hohen Preis, der auch die Glaubwürdigkeit des Bürgermeisters berührt. Nachdem der schwarz-grüne Vorgängersenat Ende 2008 einem "Nachtrag 4" und damit einer Verdreifachung der Kosten zugestimmt hatte, hatte Scholz stets betont, dass ihm das nicht passieren werde. Es werde definitiv keinen "Nachtrag 5" geben, und überhaupt werde er das Problem auf keinen Fall durch das Ausstellen eines großen Schecks an Hochtief lösen, ließ er immer wieder verlautbaren. Stattdessen setzte er auf eine harte Konfrontationsstrategie, die das Projekt vollständig zum Erliegen brachte. Nun, nach fast zwei Jahren Abnutzungskampf, liegt ein Papier vor, das den Titel "Nachtrag 5" trägt, und daran hängt ein Preisschild von fast 200 Millionen Euro. Der Bürgermeister hat also genau das getan, was er immer abgelehnt hat - sicher die größte Kehrtwende seiner Amtszeit.

Nun kann es auch ein Zeichen von Größe sein, seine Meinung zu ändern, und es besteht ja zumindest die Hoffnung, dass sich Scholz' Entscheidung irgendwann als die richtige erweisen wird. Im Interesse der Stadt ist ihm jedenfalls zu wünschen, dass wir 2016 konstatieren: War wohl gut so.