Ob wir sie auch groß schreiben, ist eine Frage des Geschmacks. Doch es geht um geografische Namen - nicht um Rezepte

Geografische Namen, also die Bezeichnungen von Straßen, Städten und Ländern, sind nicht nur Lehrstoff für den Erdkundeunterricht, sondern auch für das Fach Deutsch. Es reicht nicht, die Stätten im Atlas zu finden, was schon schwer genug ist, man muss sie auch richtig schreiben.

Die Grundregel lautet: Ableitungen auf -er werden groß- und getrennt geschrieben, Ableitungen auf -isch klein. Wir setzen unseren Gästen aus Süddeutschland eine Hamburger Aalsuppe vor, damit sie diese hamburgische Spezialität zweifelhaften Geschmacks einmal kennenlernen. Falls wir ihnen am nächsten Tag auch noch Holsteiner Grünkohl mit süßen Kartoffeln und Schweinebacke zugemutet haben sollten, ist es an der Zeit, sie mit einem Ausflug in die holsteinische Knicklandschaft zu versöhnen, vielleicht sogar in die Holsteinische Schweiz.

Nanu, warum wird das Wort auf -isch hier plötzlich großgeschrieben? Weil es sich um einen Eigennamen handelt. Die Gegend um Eutin und Plön hat nichts mit der Schweiz an sich zu tun, sondern wird nur so genannt wie alle Flächen nördlich der Elbe, die einen Hügel von fast 30 Metern, etwas Wald und drei Karpfenteiche aufzuweisen haben. Das geschieht ausschließlich aus touristischen Gründen. Vielleicht sollten Sie besser in den Naturpark Lauenburgische Seen fahren, wobei sich orthografisch jedoch nichts ändert.

Weiter entfernt liegt der Bayerische Wald (Eigenname), von dem aus es nicht weit bis zu den böhmischen Dörfern (Adjektiv) ist. Das Ulmer Münster steht in Ulm, der westfälische Schinken kommt jedenfalls laut Packungsaufschrift aus Nordrhein-Westfalen, der Holländer Käse aus den Niederlanden, während die holländischen Tomaten ein Synonym für den "vierten" Aggregatzustand von Wasser sind oder waren.

Treffen geografische Bezeichnungen auf eine weitere, müssen Bindestriche gesetzt werden: Kaiser-Franz-Joseph-Land, Rhein-Main-Flughafen oder Dortmund-Ems-Kanal. Das dänische und später preußische Altona war jahrhundertelang selbstständig und Bindestrich-frei, als Hamburger Stadtteil muss es sich heute aber koppeln lassen: Hamburg-Altona.

Das gilt dementsprechend auch für Hamburg-Mitte, Hamburg-Nord sowie für alle Bezirke und Gegenden der Hansestadt. St. Pauli wird nicht gekoppelt, tritt jedoch ein Grundwort hinzu, müssen wir sorgfältig Bindestriche zwischen allen Gliedern des Kompositums setzen: St.-Pauli-Vorsitzender, ebenso St.-Michaelis-Kirche oder St.-Katharinen-Kirche, wobei es nicht darauf ankommt, wie sie sich je nach Dienstplan im Kirchenbüro heute gerade selbst schreiben, sondern wie sie sich nach den Rechtschreibregeln schreiben müssten. Die Fans am Millerntor sind übrigens die Sankt-Paulianer.

Allerdings wird bei Kopplungen mit anderen Ortsnamen nur ein Bindestrich gesetzt: Stuttgart-Bad Cannstatt, Bonn-Bad Godesberg. Als Oldesloe 1910 den Titel "Bad" erhielt, wurde die Stadt amtlich und bei Bahn und Post alphabetisch vom O zum B befördert. Wer heute scheinbar korrekt jedoch vom "Bad" Oldesloer Rathaus spricht, handelt ohne historisches Heimatgefühl. Das Gleiche gilt für den Segeberger Kalkberg oder die Schwartauer Marmelade. Ein "Bad Malente-Gremsmühlener Lokal" wäre keine topografische Angabe, sondern reine Platzverschwendung. Wir sprechen von der Emser Depesche und nicht von der "Bad" Emser Depesche, die Bismarck so geschickt kürzte, dass der französische Kaiser gleich die Kriegserklärung aussprach.

Aufpassen müssen wir bei den Städten Schwäbisch Hall oder Bergisch Gladbach. Sie werden großgeschrieben und nicht gekoppelt. Es handelt sich unabhängig vom Erfolg der jeweiligen Fußballvereine um das Gladbach im Bergischen Land östlich von Köln und nicht um Mönchengladbach westlich von Düsseldorf. Die Bayern sind wie so häufig auf diesem Gebiet ein wenig eigensinnig und schreiben Bayrischzell in einem Wort.

Ein orthografischer Leckerbissen ist die brandenburgische Stadt Königs Wusterhausen südöstlich von Berlin - ein ungekoppeltes Genitivattribut mit Adelsprädikat, das sogar die Genossen Ulbricht und Honecker überstanden hat, obwohl der zugehörige Eigentümer, König Friedrich I. von Preußen, gestern bereits seit 300 Jahren tot war.