Die ehrliche Suche nach einem Atom-Endlager braucht das Moratorium für Gorleben

Der Ansatz von Bundesumweltminister Peter Altmaier ist richtig: Die Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Müll kann nur gelingen, wenn das Konzept dafür von einer breiten Mehrheit der Fraktionen im Bundestag getragen wird. Es geht um Entscheidungen, die Schritt für Schritt getroffen werden müssen und dies auf einer Zeitschiene von 20 bis 30 Jahren. Wenn jede Veränderung der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag auch wieder zu neuen Prioritäten bei der Endlagersuche führt, ist der Misserfolg garantiert.

So gesehen ist das am Freitag von dem Christdemokraten Altmaier verkündete Moratorium für die weitere Erkundung des Gorlebener Salzstocks genau das richtige Signal. Und die mindestens im Grundsatz positive Reaktion von SPD-Chef Sigmar Gabriel und dem Chef der Grünen-Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, zeigt, dass eine Verständigung möglich ist. Und die Bereitschaft genau dieser beiden Männer, sich auf Verhandlungen einzulassen, hat Gewicht: Als Vorgänger im Amt des Bundesumweltministers wissen sie, worauf sie sich da einlassen.

Fraglich aber ist, ob der jetzt für die Verhandlungen gesetzte Zeitrahmen realistisch ist. Ausgerechnet vor der Bundestagswahl müssten alle Parteien über ihren Schatten springen und Zugeständnisse machen bei einem Thema, das die Menschen nicht nur im Wendland am Standort Gorleben umtreibt und Ängste auslöst.

Wichtiger als die Geschwindigkeit der Verhandlungen aber ist, dass die Akteure Lehren ziehen aus dem Desaster rund um das vom Absaufen bedrohte Endlager Asse und den über 30 Jahre anhaltenden Streit um den möglichen Standort Gorleben für den hochradioaktiven Müll. In beiden Fällen haben Politiker, Wissenschaftler und Bürokraten selbstherrlich Hand in Hand entschieden. Und die Asse zeigt zudem, dass viele in der Sache falsche und fatale Fehlentscheidungen getroffen wurden.

Es mag ja sein, dass kein Endlager letztlich im Konsens mit den Menschen gebaut werden kann, denen es vor die Tür gesetzt wird. Aber wer auch immer eine solche Standortentscheidung im nationalen Interesse trifft, der schuldet den Betroffenen ein vollständig transparentes, nachvollziehbares Verfahren. Wer an dieser Stelle trickst, um das Thema schnell vom Tisch zu bekommen, der schürt die in Deutschland ohnehin besonders ausgeprägten Ängste vor den Folgen der Kernenergienutzung. Die absehbare Folge sind weitere Verzögerungen, eben weil jeder Regierungswechsel dann zu Kurskorrekturen führen muss.

Dabei gibt es immerhin eine übereinstimmende Positionsbestimmung als kleinsten gemeinsamen Nenner: Der atomare Dreck ist da und das Problem muss in nationaler Verantwortung gelöst werden - möglichst von den Generationen, die auch die Kernkraftwerke betrieben haben.

Und genauso, wie es gegenwärtig der niedersächsische Ministerpräsident und Christdemokrat David McAllister und sein SPD-Herausforderer Stephan Weil im Landtagswahlkampf angehen, wird es nicht funktionieren. Der Regierungschef wirft Nebelkerzen mit der Feststellung, eine rückholbare Lagerung des Atommülls sei im Gorlebener Salzstock nicht möglich und damit der Standort faktisch erledigt. Und sein Kontrahent Weil stellt sich gegen den eigenen Bundesvorsitzenden Gabriel mit der Festlegung, mit ihm sei Gorleben nicht zu machen. Beides ist purer Populismus.

Ein bisschen Mut macht in diesem Zusammenhang, dass der Bundestag mit breiter Mehrheit die neuen, teuren Griechenland-Hilfen beschlossen hat. Langfristig muss es gelingen, auch beim Thema Endlagerung von Atommüll die nationale Verantwortung nicht nur zu beschwören, sondern sie auch zu praktizieren.