Die Energiewende muss auch technisch machbar sein und bezahlbar bleiben

Politiker müssen nicht bedauert werden. Zu ihrem zeit- und nervenaufreibendem Job sind sie nicht gezwungen worden. Im Gegenteil: Mit Durchsetzungskraft und Beharrlichkeit haben sie sich ihren Platz in der Gestaltungszone der Gesellschaft erkämpft. Und trotzdem fällt es schwer, nicht ein gewisses Mitleid für Umweltminister Peter Altmaier zu entwickeln. Sein Vorhaben, die Energiewende, Prestigeprojekt der Kanzlerin, erfolgreich und effizienter zu gestalten, gleicht der Quadratur des Kreises.

Denn dank technischer Probleme, ungenügender Koordination, föderaler Strukturen und geschuldet dem Umstand, dass das süße Gift der Subventionen auf diesem Feld bisher in besonders großen Dosen verabreicht wird, ergibt sich ein schier unauflösbares Knäuel von Interessenkonflikten. Der Norden setzt auf die Windkraft und will seinen Strom an den Süden verkaufen. Der wiederum will davon nicht abhängig sein. 16 Bundesländer haben ebenso viele und selten deckungsgleiche Energiekonzepte. Solar- und Windenergie sind übersubventioniert. Wer einmal Geld bekommt, gibt es ungern wieder her. Und wer von der Zahlung einmal befreit wurde - wie etwa energieintensive Betriebe - ändert freiwillig nichts daran. Zudem würde die Abschaffung der Ausnahmeregelungen die Steigerungen beim Strompreis nur gering dämpfen, dafür aber Arbeitsplätze gefährden. Wegen der davongaloppierenden Kosten schlagen wiederum Sozialverbände Alarm.

Altmaier will die Förderung von Windenergie und Biomasse nun ähnlich wie bei der Solarenergie deckeln und trotzdem den Anteil sogenannter regenerativer Energien an der Stromerzeugung bis 2020 auf 40 Prozent statt bisher 35 Prozent erhöhen. Da ist ihm nicht nur das Untergangsgeheul der Wind- und Maisbranche wie zuvor das der Fotovoltaiker sicher. Solange es keine geeigneten Speichermöglichkeiten für den vom wechselhaften Wind und der in unseren Breiten spärlich scheinenden Sonne erzeugten Strom gibt, muss die Grundlast durch noch mehr konventionelle Kraftwerke sichergestellt werden. Das alles wird schwerlich kostendämpfende Wirkung entfalten. Da helfen auch die rührenden Angebote des wackeren Umweltministers zur kostenlosen Stromsparberatung nicht viel. Und das Ganze geschieht nicht etwa, weil es wirtschaftlich sinnvoll oder tatsächlich unumgänglich wäre - die Kanzlerin würde vermutlich zur Vokabel "alternativlos" greifen -, sondern weil es die Regierung in der ersten Panik nach Fukushima und einer wahltaktischen Rolle rückwärts so beschlossen hat. Das Projekt samt wettbewerbsverzerrender Alimentierung erinnert schwer an die Planwirtschaft der seligen DDR, die bekanntlich weder eine ökonomische noch eine gesellschaftliche Erfolgsgeschichte war. Quasi die Welt als Wille und Vorstellung - frei nach Schopenhauer.

Doch wenn der politische Wille die eigene Gestaltungskraft und die technischen Möglichkeiten übersteigt, ist das Scheitern programmiert. Das hat die Regierung gerade erst bei ihren Plänen zur Elektromobilität erkennen müssen und sich leise vom Ziel, bis 2020 eine Million E-Fahrzeuge auf die Straßen bringen zu können, verabschiedet. Auch die Erzeugung von Biosprit ist, seit sie in Massen betrieben wird und die Folgen für die Landwirtschaft und die Nahrungsmittelproduktion sichtbar werden, in Verruf geraten. Und so wird auch die Energiewende noch manche überraschende Volte für Wirtschaft, Politiker und Verbraucher parat halten.