Hamburgs Vorstoß, Restaurants mit Ampelfarben zu bewerten, trifft sein Ziel nicht

In vielen Restaurants und Lokalen wären die Gäste entsetzt, wenn sie wüssten, wie es um Sauberkeit und Hygiene in der Küche bestellt ist. Dabei sind die Vorschriften eindeutig, und es gehört zur Pflicht der Behörden, im Dienste der Gesundheit streng zu kontrollieren, Mängel zu beanstanden und mehrfach aufgefallene Betriebe oder solche mit gravierenden Verstößen konsequent zu schließen. So weit, so gut.

Was aber soll das an einen Pranger erinnernde Zurschaustellen einer sogenannten Hygiene-Ampel, also einer Rot-Gelb-Grün-Kennzeichnung an der Restauranttür, mit der Hamburgs Verbraucherschutzsenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) bundesweit vorgeprescht ist? Wenn ein Betrieb bei Kontrollen so schlecht abschneidet, dass er ein "Rot" verdient, sollten die Missstände unter Behördenaufsicht sofort abgestellt werden, statt das Lokal mit einem Ampelrot zu brandmarken und die Gäste mit der Kennzeichnung zu verunsichern. Denn was soll mir dieses Rot sagen? Schade ich meiner Gesundheit, wenn ich hier esse? Gab es Verstöße, die längst abgestellt sind? Oder muss ich immer noch gravierende Mängel erwarten? Und was bedeutet ein Gelb? War das Gesundheitszeugnis des Kochs abgelaufen? Oder krabbelten Maden über die Steaks?

Das ganze Projekt Hygiene-Ampel lässt den Verbraucher am Ende allein und wirft mehr Fragen auf, als es beantworten kann. Dazu sind drei farblich unterschiedliche Kategorien zu simpel. Zudem überfordert es das personell eng gestrickte Kontrollsystem.

Wegen dieser grundsätzlichen Bedenken haben sich Prüfer-Storcks Ministerkollegen bei ihrem Treffen am Freitag in Hamburg mit Recht nur auf den Minimalkonsens geeinigt. Danach soll jedes Bundesland selbst entscheiden, ob es eine Hygiene-Ampel einführt; aber wenn, soll dies wenigstens nach bundesweit einheitlichen Kriterien geschehen.

Das ist trotz Föderalismus ja wohl selbstverständlich. Einen Flickenteppich unterschiedlicher Systeme soll es nicht geben, meint Hamburgs Senatorin. Dabei wird es genau dazu kommen. Denn in Hamburg werden nach dem Willen der Senatorin bald Hygiene-Ampeln an Restauranttüren kleben, in Bayern aber nicht und in anderen Bundesländern - Variante Nummer drei - möglicherweise freiwillige Kennzeichnungen, die darauf hinauslaufen, dass nur "grünes Licht" angezeigt wird. Welcher Wirt wird sein Lokal "freiwillig" mit Rot markieren?

Dabei wäre es generell begrüßenswert, wenn Behörden ihre Kontrollergebnisse transparent und öffentlich machten. Dann aber bitte so, dass die Informationen auch für Normalbürger verständlich und nachvollziehbar sind. Um dem Verbraucher dabei zu helfen, gäbe es zum Beispiel die Möglichkeit, präzise Angaben über Hygieneverstöße im Internet bekannt zu geben, einschließlich der wichtigen Details, was tatsächlich beanstandet und wann der Missstand behoben wurde. Dann könnte jeder, der mehr wissen will, selbst beurteilen, welche Schlüsse er zieht.

Und da wir schon beim Thema Hygiene sind. An anderer Stelle in unserem Land mangelt es daran in erschreckender Weise. Das ist der Grund, warum jedes Jahr mehrere Tausend Patienten sterben. Sie infizieren sich in unseren Kliniken mit gefährlichen Krankenhauskeimen.

Viele von ihnen könnten noch leben, wenn sich Ärzte und Pflegekräfte häufiger und besser vor ihrem Kontakt mit Patienten desinfizieren würden. Die Nachbarländer Dänemark oder die Niederlande machen uns vor, wie das funktioniert.

Hamburgs Verbraucherschutzsenatorin, die auch Gesundheitssenatorin ist, könnte die Infektionsraten der Kliniken schnell ermitteln lassen. Wer bei der Prüfung durchfällt, hätte wirklich ein Hygiene-Ampel-Rot am Haupteingang verdient. Aber es ist wohl leichter, sich mit Wirten als mit Klinikbetreibern anzulegen.