Als erstes Bundesland wird Hamburg eine für alle Restaurants verpflichtende Hygiene-Ampel einführen. Berlin will Rechtsgrundlage schaffen.

Hamburg. Die Hansestadt führt eine deutliche Kennzeichnung ein, welche Restaurants hygienisch einwandfrei sind und welche nicht. Das kündigte die zuständige Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) am Freitag zum Abschluss der Verbraucherschutzministerkonferenz an. Es werde eine verpflichtende Hygiene-Ampel geben. "Wir haben uns im Senat darauf verständigt, dieses System einzuführen, wenn die bundesgesetzlichen Grundlagen geschaffen sind, die uns das gestatten", sagte die SPD-Politikerin bei der Präsentation der Ergebnisse der dreitägigen Konferenz.

Eine Zusicherung dafür bekam die Senatorin von Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU). Eine Änderung des Lebens- und Futtermittelgesetzes sei dafür bereits auf den Weg gebracht worden. Künftig werden die Länder dementsprechend selbstständig entscheiden können, ob sie eine Kennzeichnung freiwillig oder verpflichtend einführen wollen. Auf die ursprüngliche Wunschlösung der Hamburger Senatorin, eine Hygiene-Ampel deutschlandweit verpflichtend einzuführen, konnten sich die Minister der Länder nicht einigen. Dennoch betonten sowohl die Senatorin als auch die Bundesministerin, dass sie die Hygiene-Ampel nicht als gescheitert ansehen.

Einig wurde man sich jedoch an einem anderen Punkt: Alle Länder fordern eine bundesweit verbindliche Kennzeichnung der Restaurants und Gaststätten. Die Bewertung soll nach einheitlichen Kriterien ablaufen, um so eine bessere Vergleichbarkeit herzustellen. "Es hilft dem Verbraucher nicht, wenn in einem Bundesland Restaurants mit Smileys bewertet werden, im nächsten mithilfe von Ampeln und im dritten mit noch etwas anderem", sagte Prüfer-Storcks. "Ich erwarte, dass der Bund entsprechend dem Wunsch der Länder die gesetzliche Regelung für ein bundeseinheitliches System einer Transparenzmachung der Kontrollergebnisse der Lebensmittelüberwachung schafft", so die Senatorin. Um dem nachzukommen, kündigte Ilse Aigner an, diese Aufgabe einer Landesarbeitsgemeinschaft zu übertragen.

Ziel ist es, nach drei Jahren eine Evaluierung des Systems durchzuführen, es gegebenenfalls zu optimieren und dann darüber zu entscheiden, ob das Transparenzsystem bundesweit verpflichtend werden soll. Die Wunschvariante von Cornelia Prüfer-Storcks ist dementsprechend noch nicht endgültig vom Tisch.

Erfreut über die klaren Worte der Senatorin ist Dennis Thering, Fachsprecher der CDU-Fraktion in der Bürgerschaft. "Wenn Frau Prüfer-Storcks nicht nur so dahingesagt hat, dass die Ampel eingeführt wird, stehen wir absolut dahinter", sagt Thering.

Marianne Temming, Geschäftsführerin vom Verband des Lebensmittel-Einzelhandels Hamburg, sieht das Verfahren kritisch. "So eine Prüfung kann immer nur eine Momentaufnahme sein." Sie befürchtet, dass bei minimalen Mängeln bereits eine schlechte Bewertung erfolgen könnte, die den Betrieb brandmarke. Für den Einzelhändler müsse deshalb zumindest die Möglichkeit bestehen, zeitnah eine Nachprüfung beantragen zu können, sagt Temming. "Sonst hängt da die gelbe Ampel bis zum nächsten Besuch des Kontrolleurs." Verbandsintern werde die Einführung der Hygiene-Ampel zwar kontrovers diskutiert, doch die Verbands-Geschäftsführerin sieht auch die positiven Seiten des Verfahrens: "Die Hygiene wird zwangsläufig verbessert, weil der Großteil der Händler und Gastronomen ein gutes Aushängeschild haben will." Marianne Temming weiter: "Besser wäre es, wenn mehr Überprüfungen in kürzeren Abständen durchgeführt würden."

Ähnlich argumentiert die Präsidentin des Hamburger Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga, Rose Pauly. Die Behörden hätten jetzt schon zu wenig Hygieneexperten für 40 Prozent der ausstehenden Überprüfungen, so Pauly. "Wenn wir ein faires Verfahren anstreben, also mit Nachprüfungen auf Antrag, steigt der Bedarf noch weiter an."

Derzeit sind in Hamburg Lebensmittelkontrolleure beschäftigt, die 70 Prozent ihrer Arbeitszeit für die Lebensmittelüberwachung in Restaurants aufwenden. Nach Angaben der Verbraucherschutzbehörde werden Gaststätten üblicherweise alle sechs Monate unangekündigt überprüft. Bei Lebensmittelkontrollen in allen 9715 Betrieben wurden im Jahr 2011 in 891 Fällen Verstöße festgestellt. Gibt es Beanstandungen, erfolgen Nachkontrollen. Außerdem bekommt das Restaurant beziehungsweise der Betrieb eine höhere Kontrollfrequenz. Die Kontrolleure haben in diesem Jahr vor allem die Temperatur von Kühltheken für frisches Hackfleisch überprüft, mehr Proben in Fischbetrieben genommen und verstärkt Großküchen untersucht.

Seit dem 1. September werden deutschlandweit alle Verstöße, die ein Bußgeld von 350 Euro zur Folge haben, in einer Datenbank erfasst.

Doch nicht nur dieses Thema stand auf der Tagesordnung der dreitägigen Konferenz. Die Minister sprachen sich in Hamburg zudem dafür aus, dass bei Lebensmittelkrisen wie beispielsweise bei der EHEC-Epidemie und dem Dioxinskandal von 2011, Bund und Länder besser miteinander kooperieren. Künftig soll ein Expertenrat der Staatssekretäre von Bund und Ländern das Krisenmanagement übernehmen. Außerdem kann eine Task Force "Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit" eingesetzt werden.

Zudem haben sich die Verbraucherschutzminister in Hamburg für eine Begrenzung von Dispozinsen ausgesprochen, es soll mehr Transparenz bei Finanzprodukten geschaffen werden, und der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung soll zum Schutz für Mensch und Tier bis 2015 deutlich reduziert werden.