HSV-Sportchef Frank Arnesen muss jetzt einen guten Trainer finden - und neue Spieler

Als der HSV-Vorsitzende Carl-Edgar Jarchow im Juni mit Uwe Seeler im Fischereihafen-Restaurant zusammensaß und über vergangene glorreiche Zeiten und eine möglichst bessere Zukunft des Vereins plauderte, kündigte er an: "Wir haben uns fest vorgenommen, nicht nach drei, vier verlorenen Spielen an den Trainer zu denken. Da sind wir als Vorstand gefordert, ein bisschen Geduld zu beweisen." Ganz offen kritisierte der 56-Jährige die jährlichen Trainerwechsel seines Vorgängers Bernd Hoffmann. Mit Jarchow und dem neuen sportlichen Leiter Frank Arnesen sollte alles ganz anders werden.

Nur drei Monate später ist diese hehre Ankündigung einer Regierung der ruhigen Hand Makulatur. Obwohl Arnesen nach der fünften Niederlage im sechsten Bundesligaspiel noch am Sonnabend eine Entlassung ausgeschlossen hatte, musste Michael Oenning zwei Tage später seine Sachen packen - und Vorstands-Neuling Jarchow war in die selbst gestellte Falle getappt. Merke: In der Fußballbranche darf man nie etwas ausschließen.

Den Vorwurf, als Umfaller dazustehen, muss sich Jarchow, der auch für die FDP in der Bürgerschaft sitzt, nun genauso gefallen lassen wie Arnesen. Aber er hatte keine andere Wahl. Die Entscheidung, nicht noch weitere Zeit zu verlieren und sich sofort zu trennen, war unausweichlich und richtig. Oenning, der die Mannschaft als Assistenztrainer eine Saison lang kennenlernen durfte und in der Vorbereitung nach seinen Vorstellungen trainieren konnte, nutzte seine Chance nicht, dem Neuanfang ein Gesicht zu geben. Natürlich steigt in jedem Fußballklub der Welt die Wahrscheinlichkeit für Erfolg, wenn in der sportlichen Führung Kontinuität herrscht. Aber wer in seiner Arbeitsweise keine Kontinuität erkennen lässt, hat keine weiteren Gnadenfristen verdient. Spätestens nach dem insgesamt erbärmlichen Auftritt gegen Mönchengladbach wussten die Verantwortlichen des HSV, dass sie den Falschen für den Beginn einer neuen Ära verpflichtet hatten. Und handelten.

Unglücklich war Arnesens Außendarstellung dennoch. Einem erfahrenen Mitglied der Fußballszene wie ihm war zuzutrauen, eine bessere kommunikative Strategie in dieser Krise zu entwickeln. Der Däne, der mit seinen Transfers in Hamburg keine Heldentaten vollbrachte, rückt mit der Suche nach einem Nachfolger jetzt noch mehr in den Fokus. Er muss - innerhalb kürzester Zeit - eine gute Wahl treffen. Bleiben auch unter dem neuen HSV-Trainer die Siege aus, gerät er selbst unter massiven Druck. Seine Autorität, der Glaube an seinen Sachverstand, steht bereits vier Monate nach seinem Amtsbeginn auf dem Prüfstand.

Vor allem aber sollte Arnesen seine Meinung über den aktuellen Kader der Hamburger überdenken, schließlich dürfen die wochenlangen Diskussionen über die Fehler Oennings nicht den Blick auf die Mannschaft trüben. Natürlich findet sich hier und da individuelle Qualität, doch es fehlt beispielsweise im Mittelfeld weiter an Kreativität und im gesamten Team an Typen, die bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.

Auch unter einem Übergangstrainer Rodolfo Cardoso ist kaum zu erwarten, dass sich nach den kommenden beiden Partien gegen Stuttgart und Schalke 04 die dramatische Situation in der Tabelle verbessert. Der Kampf um den Verbleib in der Bundesliga dürfte sich eher noch verschärfen. Ab sofort sollten die Klubchefs deshalb alle Kraft in die Suche nach möglichen Geldgebern stecken, damit in der Winterpause Fehleinschätzungen vom Sommer korrigiert und neue, gestandene Kräfte geholt werden können. Das Gerede vom Umbruch sollte ab sofort aus dem Wortschatz verschwinden. In dieser Saison geht es für den HSV nur ums Überleben. Mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.