HSV-Vorstand Hoffmann hätte Gemüter beruhigen müssen.

"Einige Leute halten Fußball für einen Kampf um Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich versichere Ihnen, dass es viel ernster ist!" Bill Shankly, ein schottischer Fußballspieler und -trainer, hat das einst gesagt. Weil er 1981 starb, ist er unverdächtig, die derzeitige Situation beim Hamburger Sport-Verein kommentiert zu haben. Dort haben zwar noch nicht Mord und Totschlag Einzug gehalten, diesbezügliche Drohungen schon. Einem Aufsichtsratsmitglied ist daraufhin Polizeischutz angeboten worden.

Dass der Fußball Emotionen schürt, ist gewollt. Das macht einen Großteil seiner Beliebtheit aus. Diese Gefühlswelt in sozialverträgliche Bahnen zu lenken ist den Bundesligaklubs über viele Jahre in mühevoller Kleinarbeit, die Fanbetreuung heißt, in den allermeisten Fällen gelungen. Dass die Situation jetzt beim traditionsreichen HSV ausgerechnet in der Frage der richtigen Besetzung eines Vorstandspostens eskaliert, erstaunt, gilt doch der Amtsinhaber Bernd Hoffmann nicht gerade als Liebling der Massen.

Das weltweite Netz mit Möglichkeit, Absender militanter Botschaften kaum zurückverfolgen zu können, hat zusätzliche Konflikte geschaffen - in einem für den Verein unvorstellbaren Ausmaß. Hoffmann muss sich die Frage gefallen lassen, warum er nicht mit einem Aufruf zur Mäßigung zur Entspannung der Lage beigetragen hat. Verantwortung sähe so aus. Und in der steht er beim HSV nicht nur moralisch, sondern bis Ende des Jahres auch noch vertraglich.

Die Krise des HSV, und das macht sie zu einer besonderen, ist vor allem auch eine strukturelle. Keiner der 18 Fußball-Bundesligaklubs lässt bei der Zusammensetzung seiner Gremien mehr Basisdemokratie zu. Die droht den Klub, mit Aufsichtsrat und Vorstand aufgestellt wie ein DAX-Unternehmen, zu zerreißen, ihn unregierbar zu machen, weil die Mitglieder immer öfter selbst in jenen Geschäftsfeldern Mitbestimmung fordern, in denen umgehend Entscheidungen gefordert sind, um sportliche Handlungsfähigkeit zu gewährleisten. Nicht zufällig haben bei den vergangenen Aufsichtsratswahlen jene vier Kandidaten ein Mandat erhalten, die gewillt sind, stärker als ihre Vorgänger eine Kontrolle über den Vorstand auszuüben. Ausbleibende Erfolge auf dem Rasen haben aus dieser Gemengelage beim HSV ein explosives Gemisch angerührt. Es zu entschärfen gelingt nur, wenn offene Personalfragen - neuer Trainer, Nachfolger Hoffmanns - schnell und überzeugend gelöst werden.