Bernd Hoffmanns Abwahl verstärkt die Führungskrise des Klubs.

Morgen Abend diskutiert Otto Rieckhoff, der Aufsichtsratsvorsitzende des HSV, mit Klubmitgliedern über Leitlinien für eine neue Wertekultur des Vereins. Schlagwörter wie Respekt, Toleranz und Transparenz stehen auf dem Thesenpapier. Es wäre allerdings wünschenswert gewesen, den Termin vorzuziehen und alle Führungskräfte des Vereins zur Teilnahme zu zwingen. Nach dem angekündigten Abschied des Klubvorsitzenden Bernd Hoffmann verfestigt sich der Eindruck, dass der einst so ruhmreiche HSV nicht nur ein akuter Sanierungsfall ist, sondern auch die Zersetzungsprozesse weit fortgeschritten sind.

Wie so oft in den vergangenen Jahren zerstört sich der HSV von innen. Kontinuität - so heißt die Erfolgsformel bei anderen Klubs. In Hamburg waren in der Ära Hoffmann, polemisch formuliert, nur die Wechsel auf dem Trainerposten sowie zuletzt die Sportchefsuche und millionenschwere Transfers eine verlässliche Konstante. Die Folge lässt sich an der Bundesligatabelle ablesen: Trotz der teuersten Hamburger Mannschaft aller Zeiten ist der HSV wieder einmal dabei, seine Saisonziele zu verpassen.

Dem HSV scheint vor allem der höchste Wert, der eine Fußballmannschaft auszeichnet, abhandengekommen zu sein - der Teamgedanke, also ein faires, respektvolles Miteinander. Dies ist eine Niederlage für die Aufsichtsräte, aber auch für Hoffmann, dem es nicht gelungen ist, die diversen Lager innerhalb dieses komplizierten Vereins zu versöhnen. Dass die Kontrolleure nun noch nicht einmal die Auswechslung ihres Führungsspielers sinnvoll, also sofort, geregelt bekommen, beweist, dass im Klub noch immer ein Machtkampf tobt mit zum Teil grotesken Auswüchsen. Ein Sportchef (Frank Arnesen), der erst im Juli anfängt, soll einen Trainer verpflichten, der aber nicht weiß, ob sein Boss (Hoffmann) noch da ist, wenn er anfängt. Kein Wunder, dass dies nicht ohne Wirkung bei den Spielern bleibt: "Es ist nicht leicht für einen Profi, beim HSV zu spielen", sagt Torwart Frank Rost. Dabei sollte es eine Ehre sein.