Die Führungsdebatte in Hamburgs CDU ist nur aufgeschoben.

Zuversicht zählt derzeit nicht zu den besonders verbreiteten Charaktereigenschaften in der Hamburger CDU. Die Umfragen haben die Bürgermeister-Partei wenige Wochen vor der Wahl in den Keller geschickt. Plötzlich stehen politische Karrieren vor dem Aus, sicher geglaubte Mandate rücken in weite Ferne.

Bürgermeister Christoph Ahlhaus hat beim CDU-Nominierungs-Parteitag am Wochenende seiner Pflicht genüge getan, eine kämpferische Rede zu halten. Viele Christdemokraten würden nur zu gern daran glauben, dass sich das Blatt noch wenden lässt. Wie groß die Verzagtheit in der Union jedoch in Wahrheit ist und welch großer Druck auf der Parteispitze lastet, zeigt ein einziges Ergebnis: Die äußerst mageren 61,6 Prozent, mit denen Partei- und Fraktionschef Frank Schira auf Platz zwei der Landesliste gewählt wurde, sind ein halbes Misstrauensvotum gegen den Mann, der an allen Weichenstellungen der vergangenen Monate beteiligt war.

Hinter dem schlechten Ergebnis steckt nicht nur der Frust der Zu-kurz-Gekommenen bei der Listenaufstellung. Nicht wenige in der Union machen die eigenen Führungsleute mitverantwortlich für den Bruch des schwarz-grünen Bündnisses, das bekanntlich die GAL aufgekündigt hatte. Der Parteitag war allerdings klug genug, nicht den Spitzenkandidaten Ahlhaus mit einem schlechten Ergebnis zu beschädigen. Das hätte zu einer sofortigen Führungsdebatte geführt - mit dramatischen Folgen für den anlaufenden Wahlkampf.

Die CDU ist eine Partei am Scheideweg. Sollten die Christdemokraten nach neun Jahren an der Macht in die Opposition stürzen, noch dazu mit einem schlechten Ergebnis, würde die Frage nach den Schuldigen mit erbarmungsloser Härte gestellt. Die Union müsste eine solche Zäsur als Chance für einen personellen Neuanfang begreifen. Ob Frank Schira dann an der Spitze eines solchen Aufbruchs steht, ist seit diesem Wochenende offen.

Beim einstigen CDU-Koalitionspartner GAL hat sich das Spitzenpersonal mit für grüne Verhältnisse eindrucksvollen Ergebnissen durchgesetzt. Die Parteibasis honoriert den abrupt herbeigeführten Ausstieg aus dem Bündnis. Dabei ist es nur Teil des politischen Geschäfts der Profilierung, dass der Wunschpartner SPD jetzt hart attackiert wird.