Wahlkampf könnte dank Ahlhaus spannend werden.

In diesem Monat hätte es eigentlich ein kleines Jubiläum geben sollen, den ersten "Jahrestag" nämlich, den eine Koalition überhaupt haben kann. 100 Tage Schwarz-Grün unter Bürgermeister Christoph Ahlhaus standen auf dem Programm - bis die GAL die Koalition krachend für beendet erklärte. Seither regiert Ahlhaus wie befreit. Als Bürgermeister ohne parlamentarische Mehrheit beginnt er die kleine Chance zu nutzen, die er eigentlich nicht hat.

Aus dem Schwarz-Grün-Verteidiger ist der CDU-Angreifer geworden. Beispiel gefällig? Zumindest zurzeit scheint es keine Mehrheit für eine Stadtbahn zu geben. Was macht Ahlhaus? Er stoppt die Planungen von einem Tag zum anderen. Und offensichtlich niemand nimmt ihm übel, dass er kurz zuvor noch Befürworter des Projekts war. Ahlhaus' Signal: Mit mir geht nichts gegen die Mehrheit der Stadt.

Ein weiteres Beispiel: Nicht einmal ein Jahr ist es her, dass Ole von Beust als oberster Krisenmanager des Wetterchaos gnadenlos gescheitert ist. Der Brandrede des damaligen Bürgermeisters gegen das Versagen des Winterdienstes folgte: das weitere Versagen des Winterdienstes. Jetzt zeigt Hamburg, dass es anders geht. Wie befreit vom Ballast der Öko-Koalition wird gestreut, dass es des Autofahrers Freude ist. Ahlhaus' Signal: Wir kennen die Probleme der Menschen. Und wir lösen sie, wo wir können.

Inhaltlich setzen Ahlhaus und seine Berater jetzt auf die Innere Sicherheit. Das Thema, das eigentlich zum Markenkern einer konservativen Partei gehört und das sich wie kaum ein zweites eignet, Politik zu emotionalisieren, musste der Innensenator, der Ahlhaus bis Sommer war, möglichst emotions- und geräuschlos abarbeiten, um sich nicht mit dem grünen Koalitionspartner anzulegen. Jetzt sollen schärfere Sicherheitsgesetze her. Ahlhaus' Signal: Wir nehmen die Ängste der Menschen ernst.

Kritiker unken, Ahlhaus habe die Wahl schon abgeschrieben und versuche nur noch, die konservative Stammklientel einzufangen, als Verlierer ein halbwegs achtbares Ergebnis einzufahren und so das eigene politische Überleben zu sichern. Vielleicht. Vielleicht verschafft er Hamburg - während die SPD weiter komplett im Diffusen bleibt - so aber auch einen viel spannenderen Wahlkampf und vor allem Wahlausgang als bislang von allen Experten vorhergesagt.