Nach 20 Jahren Einheit hat sich die Natur im Osten erholt.

Die Schwarze Elster heißt nicht nur so. Zu DDR-Zeiten sah sie auch so aus. Genauso wie ihre Schwester, die Weiße Elster. Wer in den 80er-Jahren auf einer Leipziger Brücke stand, sah unter sich eine übel riechende tiefdunkle Brühe, tot und gelegentlich mit schmutzigen Schaumkronen verziert. Die Luft war dank Braunkohleverbrennung, ungefilterten Abgasen der chemischen Industrie und verbranntem Öl aus den Zweitaktmotoren zum Schneiden. Besonders unerträglich bei Inversionswetterlage im Winter, wenn der Qualm aus den Schornsteinen wie Bühnennebel über die Dächer sank und der Schnee nach wenigen Stunden grau war, bis er sich irgendwann in schwarze Pampe auflöste.

Im Grunde gab es in der DDR nur ein wirklich geschütztes Naturparadies - den Todesstreifen zum Westen. Hier konnte weder gebaut noch produziert werden. Pflanzen und Tierwelt waren weitgehend unter sich. Abgesehen davon, dass tapfere Offiziere mit Jagdlizenz gelegentlich auf die Pirsch gingen, sich mitunter ein Wildschwein oder Reh mit tragischen Folgen in ein Minenfeld verirrte - und die Bevölkerung eingesperrt war. Die Grenze und der katastrophale Zustand der Umwelt waren wesentliche Ursachen für das Aufbegehren der Bürger und für das Ende des SED-Regimes.

Zwei Jahrzehnte danach bietet sich ein völlig anderes Bild. Die Gewässer sind sauber, die Luft ist klar, Tier- und Pflanzenarten erholen sich prächtig. Der Bundesumweltminister erinnert nicht ohne Grund in Bitterfeld an 20 Jahre Umweltunion. Bitterfeld mit seiner Chemie-Industrie galt als der schmutzigste Ort Europas. Heute ist es ein Vorzeigeprojekt mit Solarindustrie. Viel wurde investiert in Sanierung und saubere Produktion. Und es ist faszinierend zu sehen, wie schnell sich die Natur auch selbst erholen und sich ihre Rechte und Räume zurückerobern kann.

Jeder Fortschritt hat allerdings auch seinen Preis. Bevor Bitterfeld in der Planwirtschaft verrottete, war es der modernste Chemiestandort Europas. Im benachbarten Wolfen wurde der erste deutsche Farbfilm produziert, in Piesteritz die Stickstoffsynthese erfunden. Die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen. Mittlerweile sind die Region und der Rest der östlichen Bundesländer weitgehend deindustrialisiert. Einen arbeitslosen Familienvater tröstet es wenig, dass er nun an frischerer Luft sitzt und sich in Mecklenburg wieder einzigartige Schauspiele des Vogelzugs bieten. Die Wirtschaft hinkt im Falle Aufbau Ost der Natur deutlich hinterher.