Der EU-Stabilitätspakt wird völlig unzureichend geändert.

Es ist wie so oft in Europa: Alle Länder diskutieren ein brisantes Thema, doch am Ende geben Deutschland und Frankreich die Richtung vor. Eigentlich - so hatte es die EU-Kommission vorgeschlagen - sollte der Stabilitätspakt mit Blick auf die ausufernden Schuldenstände radikal verschärft werden. Geplant waren automatische Sanktionen gegen Länder, die ihre Haushalte nicht in den Griff bekommen. Doch nun sollen weiterhin die EU-Staaten selbst via Mehrheitsentscheidungen bestimmen, ob es zu Strafen kommt oder nicht. Paris und Berlin haben diese weich gespülte Regelung ausgekungelt. Viele andere EU-Staaten nehmen sie zähneknirschend zur Kenntnis, obwohl sie sich härtere Regeln gewünscht hätten. Doch wer will es sich schon mit den Mächtigen im Euroklub verderben?

Mit dem Kompromiss von Luxemburg senden die EU-Länder ein fatales Signal. Der noch vor wenigen Monaten aus Brüssel groß angekündigte Kampf gegen Europas Schuldenmacher ist bereits am ersten Widerstand aus Frankreich gescheitert. Das europäische Volk soll den Gürtel enger schnallen, damit seine Staaten die eigenen Finanzen in den Griff bekommen. Und gleichzeitig öffnen die Chefs dieser Länder unzählige Hintertürchen für Schuldensünder. Das passt nicht zusammen, ist konzeptlos.

Europa hat aus der Griechenland-Krise offensichtlich nichts gelernt. Der finanzielle Super-GAU dieses kleinen Euro-Staates hätte den großen Ländern die Augen öffnen müssen. Athens unverantwortliche Schuldenpolitik hat Europa bereits erschüttert, eine gefährliche Anti-Europa-Stimmung geschürt. Automatische Strafzahlungen, die ab einer bestimmten Defizithöhe greifen, wären der richtige Weg gewesen. Denn sie könnten nicht mehr auf diplomatischem Weg verhindert werden. Nun wird es bei medienwirksam inszenierten, aber bedeutungslosen blauen Briefen bleiben.

Aber nicht nur der fehlende politische Wille, mit harter Hand gegen Schuldensünder vorzugehen, beunruhigt. Auch die Tatsache, dass noch nicht einmal die Kontrollmechanismen in der Euro-Zone funktionieren, gibt Anlass zur Sorge. Denn bis heute weiß offensichtlich niemand in Brüssel, wie hoch das Haushaltsdefizit der Griechen in den vergangenen Jahren tatsächlich war. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass die Zahlen schon wieder nach oben angepasst werden mussten? Europa befindet sich auf einem gefährlichen Blindflug in die nächste große Schuldenkrise.