Die Regierung sollte sich aus dem Fall Hochtief heraushalten.

Es ist eine Entwicklung, die Angst macht: Ausgerechnet im Jahr nach der Krise werden marktwirtschaftliche Prinzipien immer häufiger in den Hintergrund gedrängt. Im sogenannten Währungskrieg zwischen den USA und China planen die Amerikaner Handelsbeschränkungen, während die Chinesen ihrerseits mit rüden staatskapitalistischen Methoden die heimische Wirtschaft anschieben, etwa wenn es um die Sicherung der Rohstoffversorgung geht. Doch auch Deutschland ist keineswegs frei von protektionistischen Tendenzen, wie das Beispiel Hochtief zeigt: Gegner der drohenden Übernahme durch den spanischen Baukonzern ACS, darunter SPD-Chef Sigmar Gabriel, fordern unverhohlen den politischen Beistand durch die Bundesregierung.

Dabei spricht durchaus manches für die Position der vehementen Hochtief-Verteidiger. Denn zweifellos ist der "Angreifer" aus Madrid hoch verschuldet - es geht vor allem darum, Kontrolle über die kerngesunde Hochtief-Bilanz zu erlangen, um sich dadurch bequem sanieren zu können. Außerdem hat Spanien den eigenen Markt im Bausektor gegen ausländische Konkurrenz abgeschottet. Und schließlich vereitelte die spanische Regierung vor vier Jahren den Versuch von E.on, den spanischen Energieriesen Endesa zu kaufen.

Wahr ist ferner, dass ACS durch eine Lücke im deutschen Übernahmegesetz voraussichtlich recht günstig an die Mehrheit der Hochtief-Aktien kommen kann. Diese Lücke sollte geschlossen werden, was für den aktuellen Fall allerdings zu spät kommt. Soll die Bundesregierung aber darüber hinaus versuchen, ACS durch politische Einflussnahme abzublocken? Eindeutig nein.

Argumente für diese Antwort liefert allein schon ein näherer Blick auf die Geschäfte des Bauunternehmens aus Essen: Zwei Drittel des Hochtief-Umsatzes werden im Ausland erzielt, 80 Prozent des Gewinns liefert die australische Tochter. Hochtief ist also selbst auf Freizügigkeit im internationalen Wirtschaftsleben angewiesen. Und kaum ein anderes Land würde so sehr wie die Exportnation Deutschland darunter leiden, wenn diese - über Jahrzehnte erkämpfte - Freizügigkeit nun stückweise wieder verloren ginge.

Welche Folgen der Protektionismus haben kann, zeigt die Geschichte: Als etliche Länder angesichts der Krise in den 1930er-Jahren mit hohen Zollschranken die heimische Wirtschaft zu schützen versuchten, ließ dies den Welthandel zusammenbrechen, was letztlich die Lage für alle noch wesentlich verschlimmerte. Das darf sich nicht wiederholen.