Obamas Spielraum für einen Verhandlungserfolg ist gering.

Avigdor Lieberman gibt sich alle Mühe, Hoffnungen im Keim zu ersticken: "Je weiter wir die Erwartungen senken, desto gesünder ist es", erklärte Israels ultrarechter Außenminister. Die ersten Nahost-Verhandlungen seit zwei Jahren finden in besonders unübersichtlicher Gemengelage statt. Israels Regierungschef Netanjahu hat im eigenen Lager fast härtere Widersacher als auf der anderen Seite des Verhandlungstisches. Dem dann dort sitzenden Palästinenserpräsidenten Abbas geht es ebenso - die Radikalen von der Hamas machen längst gegen die Friedensgespräche mobil.

US-Präsident Obama hat Israelis und Palästinenser sozusagen am Kragen an den Verhandlungstisch geschleift, um die zweijährige Eiszeit zwangsweise zu beenden. Der innenpolitisch bedrängte Präsident, dem es auch an außenpolitischen Krisenherden nicht mangelt, benötigt einen Erfolg als Staatsmann. Ob ihm die nahöstlichen Streithähne aber diesen Gefallen tun, ist mehr als unsicher. Netanjahus Koalitionspartner wollen die Regierung platzen lassen, falls die umstrittenen jüdischen Siedlungen nach Ende des befristeten Baustopps am 26. September nicht weitergebaut werden. Die Palästinenser dagegen wollen den Verhandlungstisch sofort verlassen, falls weitergebaut wird - ein klassisches Dilemma. Zunächst schien es Obamas Strategie zu sein, Israels störrische Rechts-Regierung hart anzufassen, um Konzessionen zu erzwingen und Amerikas verlorene Glaubwürdigkeit im arabischen Lager wieder aufzubauen. Die derzeitige konservative Anti-Obama-Revolte in den USA, im Kontext betrachtet mit Umfragen, nach denen fast ein Viertel der Amerikaner glaubt, ihr Präsident sei Muslim, dürfte jedoch seinen Spielraum gegenüber Israel stark einengen. Und Netanjahu weiß das.

Reden ist allemal besser als Schießen. Doch zu der heiklen Frage der Siedlungen in den besetzten Gebieten gesellen sich in Washington weitere Kernprobleme, die es in früheren Nahost-Verhandlungen gar nicht erst auf die Agenda schafften - man wollte nicht von vornherein scheitern. Sollte jetzt tatsächlich zum ersten Mal ernsthaft und auf höchster Ebene über den Status Jerusalems, den Grenzverlauf und die Millionen palästinensischer Flüchtlinge gesprochen werden, wäre allein dies ein Fortschritt - aber noch keine Erfolgsgarantie.

Man darf ferner nicht vergessen, dass allerlei Terrorbewegungen von Hamas bis al-Qaida sowie tyrannische Regime wie im Iran den Nahost-Konflikt als Folie und Triebkraft für ihren anti-westlichen Kampf instrumentalisieren. Eine Heilung dieser schwärenden Wunde ist nicht in ihrem Interesse.