Der G20-Gipfel von Toronto lässt zu viele Fragen offen.

Die Natur hat es so eingerichtet, dass wir Menschen auf plötzliche Gefahren blitzschnell reagieren und erst nach der Abwehr der unmittelbaren Bedrohung die Lage im Einzelnen analysieren und uns entsprechend zu verhalten versuchen. Ähnlich ist das bei der Finanzkrise geschehen.

In Blitzoperationen wurden Abermilliarden bereitgestellt, um das Bankensystem und den Euro zu retten. Die folgende Schadensbegutachtung entwickelte sich allerdings zum Glaubenskrieg. US-Präsident Obama will die Weltwirtschaft durch weitere Schulden ankurbeln, weil er fürchtet, anderenfalls gerate die globale Ökonomie ins Straucheln. Die Europäer, allen voran Deutschland, beharren auf einem Sparkurs, weil sie die immensen Schulden als größten Unsicherheitsfaktor und Bedrohung für die Volkswirtschaften ansehen. Wichtige Schwellenländer wie China, Brasilien und Indien haben mittlerweile ganz eigene Ziele. Statt gemeinsam zielgerichtet zu agieren, ist die Staatengemeinschaft nun wieder da, wo sie auch vor der Krise war. Darüber können auch die mageren Ergebnisse des G8-G20-Gipfelwochenendes in Kanada nicht hinwegtäuschen.

Zwar wurde nun - auf freiwilliger Basis - eine deutliche Reduzierung der Neuverschuldung der wichtigsten Industriestaaten vereinbart, und die Bundeskanzlerin kann sich bestätigt fühlen. Mehr als ein Zeichen ist das aber nicht. Denn weniger Neuverschuldung bedeutet immer noch mehr Schulden, und zusammen mit den bisher schon aufgelaufenen Bergen von Verbindlichkeiten müssen sie eines Tages bezahlt werden - von den Sparern und Steuerzahlern. Globale Steuern auf Finanztransaktionen fielen schon zu Beginn des Treffens durch. Dabei könnte eine Beteiligung der Banken an den Kosten der Krise auch Gelder für Investitionen in die Staatskassen spülen. Schärfere Eigenkapitalregeln für Banken wurden auf 2012 vertagt. Von einer weltweit besseren Kontrolle der Finanzmärkte war gar keine Rede mehr - dabei waren die undurchsichtigen Geschäfte und die fahrlässige Kreditvergabe vieler Geldhäuser wesentliche Ursachen der Krise.

Jetzt, da die größte Not zunächst abgewendet scheint, soll jeder - Europäer, Amerikaner, Schwellenländer - doch wieder selbst versuchen, was er in seinem Verantwortungsbereich für nötig, sinnvoll und durchsetzbar hält. Das kann nicht die letzte Antwort auf die drängenden Fragen der Globalisierung sein, die, wie der Name schon sagt, zumindest in den wichtigsten Punkten nach weltweiten Lösungen verlangen. So heißt es nun: Wiedervorlage beim nächsten Gipfel im November - oder beim Ausbruch der nächsten Krise.