Scheitert Steuerabkommen mit Bern, geht Berlin leer aus

Perfekt ist es bei Weitem nicht, das neue Steuerabkommen mit der Schweiz: Hinterzieher bekommen Zeit bis Jahresende, ihre illegalen Vermögen in andere Finanzoasen etwa nach Übersee zu retten; andere können ihr Schwarzgeld weißwaschen - und dabei anonym bleiben; die Eidgenossen wiederum retten mit einem weiteren bilateralen Abkommen ihr Bankgeheimnis, das international schwer unter Druck geraten ist - zumindest vorerst.

Nur was passiert, wenn die Vereinbarung zwischen Berlin und Bern wegen des Widerstands der SPD-geführten Länder im Bundesrat nicht zustande kommt? Nichts! Und das bedeutet, dass die geschätzten 100 bis 200 Milliarden Euro deutschen Schwarzgeldes vorerst unbehelligt in ihren alpinen Tresoren bleiben. Dem deutschen Fiskus wiederum bleibt nur die fragwürdige Methode, durch den Ankauf von Bankdaten zumindest stichprobenartig Steuerkriminellen auf die Spur zu kommen. Bis es eine EU-einheitliche Haltung gegenüber der Schweiz gibt oder deren Bankgeheimnis auf Druck der USA aufgegeben werden muss, können noch Jahre vergehen. Jahre, in denen dem deutschen Staatshaushalt und damit auch den leeren Kassen der Bundesländer Milliarden entgehen.

SPD-Chef Gabriel und seine Ministerpräsidenten müssen also gut abwägen, ob sie mit Verweis auf theoretische Verbesserungsmöglichkeiten und Ungerechtigkeiten gegenüber ehrlichen Steuerzahlern auf geschätzte zehn Milliarden Euro verzichten wollen. Die Schweiz zeigt derzeit keine Bereitschaft zu weiteren Nachverhandlungen, die im Übrigen auch nur dazu führen würden, dass die Delinquenten noch mehr Zeit bekämen, ihre Schätze woanders zu bunkern.

Martialische Kavallerie-Rhetorik à la Steinbrück macht vielleicht Eindruck in den Landtagswahlkämpfen dieser Wochen. In der Sache hilft sie wenig. Zumal die Jagd nach dem Schwarzgeld ohnehin nur ein Herumdoktern an Symptomen ist. Noch viel wichtiger wäre es, das deutsche Steuerwirrwarr endlich in Ordnung zu bringen. Je einfacher ein System ist, desto schwerer ist ihm zu entkommen. Und je weniger sich Finanzbeamte durch das Dickicht der Steuerliteratur kämpfen müssten, desto mehr Kraft könnten sie darauf verwenden, simplen Betrügern das Handwerk zu legen. Eine geradezu ruhmreiche Aufgabe wäre das. Vermutlich gibt aber eher die Schweiz die Geldwirtschaft auf.