Rechte Parolen gaukeln einfache Lösungen aus der Krise vor.

In der Krise schlägt die Stunde der Holzhammer-Demagogen. Während die Staatshaushalte überschuldet sind und der Eurokurs fällt, erleben rechte Populisten in Europa Hochkonjunktur. Zuletzt bei den Wahlen in Belgien, den Niederlanden und Ungarn, schon länger in Frankreich und Italien. Aufatmen lässt dabei nur eines: Es gibt keine koordinierte rechte Bewegung in Europa. Der niederländische Islamhasser Geert Wilders verfolgt andere Ziele als die antisemitische Partei Jobbik in Ungarn oder der nationalistische Separatist Bart De Wever im belgischen Flandern. Vor allem aber in einem herrscht Einigkeit: Schuld an allem Schlechten sind die anderen. Muslime, Homosexuelle, Roma und Sinti, Juden oder wie in Belgien die französisch sprechenden Wallonen. Nur die Fremden tragen die Verantwortung. Nicht wir. Diese Gemeinsamkeit rechter Demagogie ist die gefährlichste. Wenn die Menschen in Europa nicht aufpassen, unterwandert Fremdenhass die politische Debattenkultur.

Denn Populismus macht bequem. Er liefert klare Feindbilder, er gaukelt Sicherheit und politische Lösungen vor. Nicht für alle Wähler ist dieses Trugbild zu durchschauen. Mangelnde Bildung führt zu Blindheit - auch gegenüber den Parolen der Rechten. Wer aber die Rechtsextremen aus Protest wählt, zieht sich selbst aus der Verantwortung. Er scheut den Blick auf die wirklich Schuldigen für die Krise. Dieser Blick kann für jeden anstrengend und mühsam sein. Doch der Bürger muss ihn wagen - sonst verliert er seine Mündigkeit. Denn wer Rechtsextreme wählt, will sich selbst keine Gedanken machen über demokratische Auswege aus der Krise. Wer in Belgien für die flämischen Nationalisten gestimmt hat, sucht nicht nach politischen Antworten in der Hauptstadt Brüssel - dort, wo auch die Parlamentarier der Europäischen Union sitzen. Die Wähler der Rechten im belgischen Flandern sehen die Schuld für die Misere vor allem bei den französisch sprechenden Wallonen im Süden des Landes.

Die rechten Parteien Europas werden an Einfluss verlieren, sobald die Menschen merken, dass aus ihren Plattitüden keine politischen Lösungen wachsen. Gefährlich wird es für Europa vor allem dann, wenn auch die etablierten Volksparteien spüren, dass sie mit der komplexen Wirklichkeit bei den Wählern nicht mehr durchdringen - und sich auch Demokraten als Allesversprecher und Neidprediger inszenieren. Das Plumpe der Populisten darf Demokraten nicht träge und einfallslos machen. Um das zu verhindern, müssen sich aber nicht nur Politiker der Komplexität stellen. Auch Europas Bürger müssen sie akzeptieren. Denn Demokratie darf auch mühsam und unbequem sein. Vor allem in der Krise.