Nur ein radikaler Umbau hilft den Warenhäusern.

Die Geschichte klingt einfach zu schön, um wahr zu sein: Ein Jahr lang dümpelt der Warenhauskonzern Karstadt am Rande der Pleite vor sich hin und dann kommt plötzlich ein reicher Investor aus Amerika und rettet das Unternehmen vor dem sicheren Untergang. Nicht einmal Opfer der Beschäftigten verlangt der deutsch-amerikanische Milliardär Nicolas Berggruen. Alle Standorte will er erhalten.

Doch so einfach wird es nicht, den Kaufhauskonzern auf die Erfolgsspur zu führen. Der neue Mister Karstadt hat zunächst ein ernsthaftes Problem mit dem größten Vermieter seiner Warenhäuser. Das Konsortium Highstreet weigert sich hartnäckig, die Mieten weiter zu senken, und könnte so einen wirtschaftlichen Erfolg der Kette verhindern.

Viel schwerer wiegt aber, dass Berggruen bislang kein Konzept erkennen lässt, wie er die grundlegenden Probleme der Vertriebsform Warenhaus anpacken will. Shoppingcenter, Billigketten und Internethandel haben den Umsatzanteil der Kaufhäuser auf gerade noch vier Prozent des gesamten Einzelhandels sinken lassen. In den 60er-Jahren lag ihr Anteil bei 15 Prozent. Wirklich retten könnte Karstadt nur eine radikale Neuorientierung. Weg aus der unrentablen Mitte hin zu einer klar definierten Zielgruppe der über 40-Jährigen, die am ehesten bereit sein dürften, für guten Service etwas mehr Geld zu bezahlen. Diesen Käufern müsste dann aber ein Einkaufserlebnis in ansprechendem Ambiente mit optimaler Beratung geboten werden. Mode, Parfüms, Accessoires, Leder und Schuhe sind am ehesten Produkte, zu deren Kauf sich die Kunden im Warenhaus verführen lassen.

Verabschieden sollte sich Karstadt hingegen von der Unterhaltungselektronik, da der Preiskampf mit den großen Fachmärkten und dem Internet nicht mehr zu gewinnen ist. Die Kunden mögen sich vielleicht über die neuesten Flachbildfernseher im Warenhaus informieren, nur kaufen werden sie diese doch im Online-Handel.

Solche Veränderungen erfordern allerdings die Bereitschaft, schmerzhafte Entscheidungen zu treffen. Abteilungen, vielleicht auch ganze Häuser müssen geschlossen werden. Auf der anderen Seite sind Investitionen in die mittelgroßen Häuser notwendig, die vor allem von außen noch immer den zweifelhaften Charme der 70er-Jahre versprühen.

Nur wenn Nicolas Berggruen dazu bereit ist, könnte doch noch Hoffnung für Karstadt bestehen. Es ist die endgültig letzte Chance für die Warenhauskette. Scheitert der neue Eigentümer, steht nur Konkurrent Metro bereit, um die Reste einzusammeln.