Der CDU droht auch auf dem Land der Vertrauensverlust.

Die Zeiten sind vorbei, in denen sich Angela Merkel und ihre tief verunsicherte CDU hinter der sich munter selbstzerfleischenden FDP verstecken konnten. Die Wahl in Bremen hat das ganze Dilemma der Christdemokraten zutage gefördert: Die Wähler in den Metropolen wissen mit der Merkel-Partei nur noch wenig anzufangen. Sie konnten zuletzt vielmehr - auch in Hamburg - einen atemberaubenden christdemokratischen Themenspagat beobachten, bei dem zwar Profil vorgegeben wurde, die Glaubwürdigkeit aber auf der Strecke blieb. Man nimmt einer auf modern getrimmten CDU offensichtlich nicht ab, so grün zu sein wie die Grünen selbst, aber gleichzeitig in der Industriepolitik die größte Kompetenz auf sich vereinen zu wollen. Man nimmt es ihr auch nicht mehr ab, treue Anwältin der Landwirte zu sein und gleichzeitig das Lebensgefühl der Großstadtmilieus genau zu kennen.

Volkspartei zu sein hieß bei der CDU bislang, alle Themen gleich gut zu beherrschen und in einer sich ausdifferenzierenden Gesellschaft für jeden eine passende Antwort parat zu haben. Von diesem Anspruch sollte sich die Partei verabschieden. Was den wählenden Bürger am meisten abschreckt, ist Beliebigkeit. Die Urnengänge in Baden-Württemberg und Bremen waren Beweis genug: Die Grünen wurden nicht aus einem wohligen Bauchgefühl heraus, sondern aufgrund ihrer Glaubwürdigkeit und Kompetenz in der Umwelt- und Energiepolitik gewählt. Auch Merkel müsste spätestens jetzt eingesehen haben, dass der radikale Kurswechsel in der Atompolitik ihrer Partei noch keine einzige Wählerstimme eingebracht hat. Stattdessen setzt die CDU seit Fukushima ihr höchstes Gut aufs Spiel, indem sie nicht nur mehrere Atommeiler umgehend stillgelegt hat, sondern sich auch noch die Energiewende von einer Kommission mit einem Ethik-Stempel versehen lässt. Dieses höchste Gut ist die Verlässlichkeit. Auf der Suche nach dem Zeitgeist rennen die Christdemokraten den Grünen hinterher. Dabei könnten sie eines von der Ökopartei lernen: Auch eine Volkspartei sollte sich stets als Themenpartei begreifen. Davon ist der Gemischtwarenladen CDU derzeit weit entfernt.

Gut möglich, dass der Wählerschwund in den Städten erst der Anfang ist. So wie die CDU momentan den Eindruck erweckt, weder mit eigenen Ideen noch mit Augenmaß zu regieren, sondern nur noch auf Strömungen zu reagieren, riskiert sie auch den Vertrauensverlust in der Fläche.