Wie Lena Meyer-Landrut und Philipp Lahm Deutschland guttun.

Wer in den vergangenen Jahren den Fernseher eingeschaltet und sich einmal ziellos durch das Programm gezappt hat, konnte durchaus Angst bekommen um dieses Land. Man sah dort Menschen, die ihre Kinder nicht erziehen können, Menschen, die ihre Schulden nicht im Griff haben, Menschen, die am Hausbau scheitern. Man sah Menschen, die nicht beziehungsfähig sind, die ihre Restaurants herunterwirtschaften, die nicht wissen, wer der Vater ihrer Kinder ist. Die nicht singen können, es aber trotzdem tun, die kriminell sind und trotzdem auf dem Weg zum vermeintlichen Superstar, die keine Ahnung haben von fremden Kulturen, aber trotzdem das dringende Bedürfnis, auszuwandern.

So sah es aus, das öffentliche Bild Deutschlands. Es war erbärmlich.

Jetzt, endlich, scheint die Schmerzgrenze erreicht.

Auf dem Tiefpunkt deutscher Selbstdarstellung, mitten im schlechtestgelaunten Frühsommer seit Jahrzehnten, in der heftigsten Wirtschaftskrise, in der täglich neue Sparankündigungen für Frust und Angst sorgen, in der nicht einmal mehr auf den Wettermann und Michael Ballack Verlass ist, ist da plötzlich ein Hoffnungsschimmer.

Oder, ganz genau: zwei. Lena Meyer-Landrut und Philipp Lahm. Zwei junge, offene, unbekümmerte Deutsche, die ihr Land in diesem Sommer auf ganz unterschiedlichen Ereignissen, zu ganz unterschiedlichen Anlässen weltweit repräsentieren und die wieder Hoffnung machen, dass es aus Deutschland - und, vielleicht noch viel wichtiger: in Deutschland - endlich auch andere Vorbilder geben kann als Heidi Klum, Dieter Bohlen oder Boris Becker. Lena Meyer-Landrut und Philipp Lahm, eine 19-jährige Nachwuchs-Sängerin und ein 26-jähriger Fußballspieler, die Grand-Prix-Siegerin und der neue Kapitän der deutschen Nationalmannschaft. Diese beiden fröhlichen, geradlinigen und trotz ihrer Prominenz erfrischend normalen jungen Leute erfüllen eine Sehnsucht. Beide haben Abitur, beide können sich ausdrücken, beide lassen sich nicht vom Boulevard vorführen und erinnern daran, dass man es auch ohne den Verlust von Würde und Anstand zu etwas bringen kann. Sie sind die Trendwende des Mainstreams. Sie bewegen die Massen, sie nehmen ernst, was sie tun, ohne dabei zu verkrampfen, sie sind selbstbewusst, aber nicht arrogant, verwurzelt, aber weltoffen. Sie erinnern an ein Deutschland-Gefühl, das es so zuletzt im überwältigenden WM-Sommer 2006 gegeben hat, als dieses Land der Welt (und nicht zuletzt sich selbst) bewiesen hat, wie gastfreundlich, gelöst und leicht es hier sein kann.

Es tut gut, dass das kein einmaliges Versehen war.