Streichen, schließen, verzichten, verkaufen - die Sparliste, die Kiels Ministerpräsident Peter Harry Carstensen seinem Kabinett heute vorlegt, ist eine Abfolge von Grausamkeiten.

Einige Beispiele gefällig? Lehrer und Polizisten sollen länger arbeiten, das dritte beitragsfreie Kita-Jahr wird gestrichen, das Blindengeld gekürzt. Kliniken werden privatisiert, selbst kleinste Yacht- und Fischereihäfen müssen verscherbelt werden. Das klingt wie ein Diktat des Internationalen Währungsfonds - als ob Athen an der Schlei liegt.

So verzweifelt ist die Lage an der Förde nun doch nicht. Und der Herr Papandreou würde - rein haushaltstechnisch - sicher gerne mit Herrn Carstensen tauschen. Denn dem geben die Banken noch Geld. Aber wie lange noch?

Die Kieler Streichliste, so bitter sie für die Betroffenen ist, kann nur die Ouvertüre zu einem großen deutschen Streichkonzert sein. In Bund, Ländern und Gemeinden. Straßenbau, Kita-Ausbau, Altersgrenzen, Renten, Bildungskosten: Der Staat kann vor nichts mehr haltmachen - und wir werden uns daran gewöhnen müssen, wollen wir nicht enden wie die Griechen.

Die Zeiten sind - auch in Hamburg - endgültig vorbei, in denen Parteitage über Soll und Haben eines Gemeinwesens bestimmten. Wobei die Erfahrung zeigt, dass Politiker sich weniger um das Haben als viel mehr um die Vermehrung des Solls gekümmert haben, angeblich die Beglückung des Bürgers im Blick. Die eigene Wiederwahl werden sie dabei auch nicht aus den Augen verloren haben.

Robert Pferdmenges, ein äußerst wohlhabender rheinischer Bankier und Berater des damaligen Bundeskanzlers Konrad Adenauer, hat mal auf die Frage nach der Ursache seines Reichtums geantwortet: "Mer habe et nit vumm ussjeve!"

Fritz Schäffer, Adenauers Finanzminister, hortete sogar im sogenannten Juliusturm etliche Milliarden. Ein Staat, der ein dickes Plus auf dem Konto hatte! Nun wollen wir hier nicht die alten Zeiten verklären. Pferdmenges konnte seinen Freund Adenauer auch nicht davon abhalten, Schäffers Milliarden unters Volk zu bringen. Für Wohltaten, natürlich. Der Fuchs vom Rhein wollte schließlich wiedergewählt werden.

Was Carstensen, von Beust und ihre Kollegen jetzt an bitteren Zumutungen ihren Bürgern präsentieren müssen, ist riskant wie eine Operation am offenen Herzen. Das ist nichts für Politiker ohne Mut. Wir alle sind der Patient. Wir wissen nur noch nicht, dass wir schon auf der Intensivstation liegen.