Roland Koch stand schon mehrfach vor dem Karriere-Aus. Nach der verlustreichen Landtagswahl von 2008 etwa, als ihn nur die SPD-Kandidatin Ypsilanti zurück ins Spiel brachte.

Oder schon ganz zu Anfang seiner Zeit als Ministerpräsident, als Hessens CDU tief in den Spendenskandal verwickelt war. Auf dem Bundesparteitag vor zehn Jahren in Essen teilte sich vor dem "brutalstmöglichen Aufklärer" die Delegiertenmenge wie das Rote Meer vor Moses. Niemand wollte mit dem vermeintlichen Absteiger gesehen werden.

Es war der Parteitag, auf dem Angela Merkel zur Parteivorsitzenden gewählt wurde. Und schon bald zählte Koch wieder zu den potenziellen Erben Merkels, weil kaum jemand glaubte, dass die kinderlose Protestantin aus dem Osten länger als zwei, drei Jahre die Partei Adenauers und Kohls würde führen können. Eine ganze Reihe Thronprätendenten stand bereit. Neben Koch waren das vor allem Friedrich Merz, Jürgen Rüttgers und Christian Wulff. Und ein CSU-Boss Edmund Stoiber, der sich auf keinen Fall den Zugriff auf die Kanzlerkandidatur streitig machen lassen wollte.

Ernsthaft im Rennen von allen Merkel-Konkurrenten ist seit gestern nur noch Wulff, der in der Öffentlichkeit als still wahrgenommene Niedersachse. Alle anderen, die mit eigenen Ideen, Ecken und Kanten oder betont konservativer Grundhaltung hervortraten, haben sich an der Vorsitzenden abgearbeitet oder wurden von ihr ins Abseits expediert. Nahezu eine ganze Politikergeneration ist so verschlissen worden. Die nächste der Röttgens, Gröhes und Mißfelders ist noch lange keine Gefahr für die Chefin.

Der Preis für Merkels Machterhaltsstrategie ist eine stromlinienförmige und in weiten Teilen sozialdemokratisierte Partei. Eine polarisierende Figur wie Koch ist sicherlich nicht geeignet, breite Wählerschichten neu hinzuzugewinnen. Aber als Motivator für den eigenen Anhang war er unerreicht. Und als Stichwortgeber für spannende politische Debatten wider die nivellierende und lähmende politische Korrektheit wird er fehlen. In Zeiten schrumpfender Wählerzustimmung ein nicht zu unterschätzender Faktor.

Koch hat nicht vor Schwierigkeiten kapituliert und sich nicht verdrängen lassen. Er ist sich treu geblieben und hat seinen Abgang von der politischen Bühne selbst bestimmt und inszeniert - während die Kanzlerin die Emirate bereist und damit räumlich so weit wie inhaltlich von ihm entfernt war. Allerdings wohl auch aus der Erkenntnis heraus, dass Wiesbaden für ihn als politische Endstation bestimmt war, solange Merkel in Berlin das Sagen hat.