Die Rettung des Weltklimas hatte einmal oberste Priorität. Das war im Herbst des vergangenen Jahres, als der Kopenhagener Gipfel bevorstand, Angela Merkel noch Klimakanzlerin ...

... war, auf Barack Obamas Schultern die Hoffnung ganzer Generationen ruhte, Heerscharen meist junger Menschen mit der Berufsbezeichnung Klimaschützer nicht müde wurden, Aktionen und Initiativen zu starten, und die Vertreter von Inselstaaten emotional effektvoll ihren nahenden Untergang verkündeten.

Nach dem nahezu ergebnisfreien Mammut-Kongress in Dänemarks Hauptstadt ist es sukzessive ruhiger geworden um das Weltklima. Kleinere Katastrophen bestimmen den Alltag. Die Kanzlerin rettet jetzt den Euro, und der US-Präsident hat alle Hände voll zu tun, seinen Landsleuten zu erklären, warum er gerade Ölbohr-Lizenzen vor Amerikas Küsten vergeben hat, obwohl es mit den nationalen Sicherheitsstandards offenbar nicht zum Besten steht. Alles handgemachte Missgeschicke, die, verglichen mit der Rettung des Weltklimas, relativ leicht hätten beherrscht werden können. Und Ereignisse, die die Menschen viel mehr und unmittelbarer berühren als abstrakte Rechenmodelle von Forschern.

Vielleicht liegt aber genau hier der Schlüssel für eine effektivere Klimapolitik, die sich nicht auf gigantischen Kongressen Bahn bricht, sondern im Alltag vollzogen werden muss. Lösungen für eine Energieversorgung jenseits fossiler Brennstoffe werden in Ingenieurbüros und nicht in Kongress-Centern gefunden. Energiesparende Technik kann sich auch durchsetzen ohne die Unterschrift sämtlicher Staatenlenker unter ein mehr oder weniger verbindliches Protokoll. Der Markt regelt auch in Umweltfragen mehr, als viele wahrhaben wollen. Das gilt vor allem für die eifrigsten Verfechter der Marktwirtschaft, die Amerikaner. Sie sollten sich daran erinnern, dass sie einmal die größten und modernsten Autoproduzenten der Welt waren. Bis sie geglaubt haben, sie könnten ewig Spritfresser an die Kunden bringen. Nun haben sie alle Hände voll damit zu tun, den Anschluss zu finden.

Die Umweltminister von 45 Staaten sitzen derzeit auf dem Petersberg bei Bonn und bemühen sich zunächst um ein besseres Binnenklima für künftige Verhandlungen. Das muss nicht schaden. Wenn die Rettung des Weltklimas aber wirklich wieder oberste Priorität haben und nicht bloß die Bühne für effektvolle Auftritte von Staatenlenkern abgeben soll, ist prinzipielles Umdenken angesagt. Dann muss endlich die Praxis über das Pathos siegen. Das bringt weniger glanzvolle und dramatische Auftritte, aber mehr greifbare Ergebnisse.