Berlin. Das ZDF versucht mit „Tonio & Julia“ das Genre Heimatfilm zu modernisieren. Teil 3 und 4 werden im Juli im bayrischen Bad Tölz gedreht.

Es gibt eine Szene in „Tonio & Julia“, die nur wenige Sekunden dauert, aber zentral ist. Sie zeigt den Pfarrer Tonio Niederegger (Maximilian Grill), wie er ganz in sich gekehrt in einem Raum sitzt, während Julia Schindel (Oona Devi Liebich) leise hereinkommt. Sie „erwischt“ ihn beim Beten. Was macht sie? Sie läuft rückwärts wieder aus dem Raum.

Beide Schauspieler können sich gut daran erinnern. „Ja, ich war fast enttäuscht, dass sie nur einige Sekunden dauert“, erzählt Maximilian Grill, „aber sie zeigt, dass ihm bei allem Humor und Leichtigkeit die Religion ihm wichtig ist.“ Auch Oona Devi Liebich sagt, dass sie das beeindruckt hat, im Drehbuch und in der Wirklichkeit: „Es gibt viele Szenen wie diese, die mich beim Spielen berührt haben.“ Ihre Figur Julia sei eben jemand, der vor Pro­blemen in erster Linie wegläuft. „Und jetzt merkt sie, dass sie eben nicht weglaufen kann.“

Idyllische Kulisse mit Bergen, Seen und Wiesen

Im Prinzip ist damit schon der Hauptkonflikt erzählt, der dieses ZDF-Bergkino in seinen zwei Folgen (12. und 19. April) beschäftigen wird. Tonio und Julia waren einmal ein Paar, doch nach der Schule ist sie vom bayerischen Bad Tölz nach Berlin gezogen, um Psychologin zu werden. Großstadt, Hochhäuser, Affären. Der Gegensatz wartet zu Hause: Gras, in dem sie liegen und den Himmel anschauen kann. Und da ist Tonio, der inzwischen katholischer Dorfpfarrer geworden ist. Julia merkt, dass sie ihn trotz des Talars noch anziehend findet ...

Eigentlich sind diese Filme aus der Zeit gefallen, oder böse gesagt: Eigentlich dürfte es sie gar nicht mehr geben. Eine Filmreihe, die von der Spannung lebt, ob der Pfarrer dem schönen Mädchen verfällt; eine Kulisse, die mit ihren Bergen, Seen und Wiesen idyllischer nicht sein könnte; ein Cast, der blendend aussieht und trotzdem gern in Mundart spricht, so wie Tonio, der irgendwann den Satz sagt: „Am End bin I auch nur a Mensch.“ Maximilian Grill, gebürtiger Münchner, hat mit dem echten Pfarrer von Tölz länger gesprochen, auch über das Zölibat.

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    Es bleibt mehr als Geigenklänge vor weißen Bergkuppen

    „Das ist doch eine Lebensaufgabe“, sagt er, „das als Mensch durchzuhalten, obwohl man eben auch Sehnsüchte hat und voller Lebensfreude ist.“ Hinzu komme die Einsamkeit, die einen Pfarrer nicht von einem Großstädter unterscheidet.

    Doch in Zeiten, in denen deutsche Serien wie „Bad Banks“ und „Dark“ neue Maßstäbe setzen, haben sich die Drehbuchautoren merklich Mühe gegeben, die Figuren so im Heute anzulegen, dass mehr bleibt als Geigenklänge vor weißen Bergkuppen. Julias Bruder lebt mit seinem Ehemann im Haus der Familie, ihr Ex ist verheiratet und will doch mit ihr zusammenbleiben. Aber es bleibt: eine unglaubwürdige Seifenblasenrealität.

    „Jeder muss doch mit Verlust im Leben kämpfen“

    Oona Devi Liebich, selbst in Berlin-Kreuzberg aufgewachsen, sieht solche Stoffe als zeitlos an. „Ich habe durchaus Freunde in meinem Alter, die das auch schauen“, erzählt sie, „und etwas für sich darin entdecken.“ Auch Maximilian Grill sieht in „Tonio & Julia“ große Fragen des Lebens behandelt. „Jeder muss doch mit Verlust im Leben kämpfen“, sagt er. Und letztlich gehe es immer darum, „sich die eigene Wahrheit zuzumuten“.

    Fazit: Dass das ZDF mit dem Ergebnis trotz vieler Heile-Welt-Klischees zufrieden ist, erkennt man daran, dass Grill und Liebich in diesem Juli wieder nach Tölz kommen. Sie drehen Teil 3 und 4 dieser deutschen „Dornenvögel“ – nur sicherlich vor einer fast irreal sonnigen Landschaft.

    Donnerstag, 12. April, ZDF, 20.15 Uhr