Berlin. Eigentlich sollte es bei „Hart aber fair“ um die Außenpolitik gehen. Am Ende stand aber doch wieder Alexander Gauland im Mittelpunkt.

So richtig in Fahrt gekommen ist der Bundestagswahlkampf noch nicht. Das könnte auch daran liegen, dass in der Innenpolitik derzeit die Aufregerthemen fehlen. Die Flüchtlingskrise ist nicht mehr akut, wirtschaftlich steht Deutschland zumindest bei den allgemeinen Zahlen gut da. Kein Wunder, dass Martin Schulz sich schwer tut, die Kanzlerin in Bedrängnis zu bringen.

Etwas anders sieht es außenpolitisch aus. Trump, Erdogan, Putin, Nordkorea: Weltweit ist einiges los. Bei „Hart aber fair“ ging es eigentlich um diesen Themenkomplex. Am Ende aber stand ein ganz anderer Mann im Vordergrund.

Darf man Gauland noch einladen?

„Ladet sie mal ins Eichsfeld ein und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist. Danach kommt sie hier nie wieder her, und wir werden sie dann auch, Gott sei dank, in Anatolien entsorgen können“, mit diesen Worten über die Integrationsbeauftragte des Bundes, Aydan Özoguz (SPD), hat Alexander Gauland mal wieder einen Skandal produziert. Zwar relativierte der AfD-Spitzenkandidat die Äußerungen am Montag leicht – die menschenverachtende Sprache ist damit aber nicht aus der Welt.

Bei Frank Plasberg ging es um das Thema Außenpolitik.
Bei Frank Plasberg ging es um das Thema Außenpolitik. © WDR | Klaus Görgen

Darf eine solche Person überhaupt noch im öffentlich-rechtlichen Polittalk auftreten? Die Redaktion von „Hart aber fair“ war offenbar dieser Meinung, auch wenn sie damit letztlich auf Gauland reinfiel: Die gezielte Provokation ist in aller Munde, die fast schon in Vergessenheit geratene AfD wieder in den Medien – und Gauland konnte das Rädchen mit seinem Auftritt auch am Montagabend munter weiterdrehen.

Gauland gibt den Ahnungslosen

Immerhin: Gastgeber Frank Plasberg hatte sich gut vorbereitet. Immer wieder verhinderte er, dass der AfD-Politiker sich in Allgemeinplätze flüchtete. „Wie schlafen Sie eigentlich?“, fragte Plasberg schließlich (natürlich schläft Gauland nach eigenem Bekunden gut). Später hielt er dem AfD-Politiker vor, mit seiner Rhetorik am Ende doch jeden potenziellen moderaten Wähler zu vertreiben.

Gewinnbringend war der lange Einstieg zum eigentlichen Thema der Sendung dennoch nicht. Gauland legte wie so oft die bewundernswerte Eigenschaft an den Tag, sein Handeln völlig abwegig zu verargumentieren – und dabei keine Miene zu verziehen. „Ich habe den Begriff gebraucht, weil ich ihn in anderem Zusammenhang schon öfter gehört habe“, sagte der AfD-Politiker, der Jurist ist und als Journalist gearbeitet hat, zu dem Terminus „entsorgen“. Dabei habe er überhaupt nicht an Abfall oder dergleichen gedacht.

Eine Entschuldigung ist nicht drin

Alice Weidel (l.) und Gauland.
Alice Weidel (l.) und Gauland. © REUTERS | FABRIZIO BENSCH

Überhaupt empfand sich Gauland mal wieder als ungerecht behandelt. Andere würden den Begriff schließlich auch verwenden. Und überhaupt werde die AfD doch viel härter angegangen. „Wenn man Alice Weidel als Nazischlampe bezeichnet, kann ich nur sagen, dass das Wort ‚entsorgen‘ völlig harmlos ist“, befand Gauland. Gut, dass Plasberg da gleich richtigstellen konnte, dass diese Bezeichnung in einer Satiresendung fiel.

Aus dieser Argumentation heraus war es für Gauland dann auch nur folgerichtig, dass keine Entschuldigung notwendig sei. Vor möglichen juristischen Folgen – etwa einer Anklage wegen Volksverhetzung – fürchtet sich der AfD-Politiker nach eigenem Bekunden nicht.

Das Fazit

„Es könnte sein, dass wir hier gerade über Ihr Stökchen springen“, sagte Frank Plasberg zwischendurch zu Gauland. Damit hatte er Recht – und auch dieser Text trägt dazu bei, die kalkulierte menschenverachtende Rhetorik zu reproduzieren. Es wäre daher besser gewesen, Gauland nach seinen Äußerungen auszuladen. Die eigentliche Diskussion wirkte nach der Kontroverse um ihn ohnehin deplatziert.

Einen positiven Effekt könnte der wiederholte Tabubruch aber haben: Am 24. September kann kein AfD-Wähler mehr behaupten, nicht gewusst zu haben, wem er oder sie da die Stimme gibt.