Berlin. Ist Martin Schulz schon am Ende? Diese Frage führte bei „Hart aber fair“ zu einer guten Diskussion über den Kanzlerkandidaten der SPD.
Nach Nordrhein-Westfalen ist politisch vor der Bundestagswahl, dazwischen liegt nur noch der Sommer. Den braucht derzeit vor allem Kanzlerkandidat Martin Schulz. Nachdem seine SPD in NRW eine herbe Niederlage einstecken musste und Schulz zuvor sein eigenes Schicksal dezidiert mit dem Wahlkampf von Hannelore Kraft verknüpft hat, stellt sich mehr denn je die Frage: Was nun, Herr Schulz?
Dieser Aspekt interessierte am Montagabend auch die Gäste von Frank Plasberg – zumal es die dritte Landtagswahl in Folge war, die unter dem Kanzlerkandidaten Schulz verloren gegangen ist. „K.o. nach drei Runde – Keine Chance mehr für Schulz?“, fragte die Redaktion.
Oppermanns Erklärung
Diese Ausgangsfrage erweiterte die Journalistin Christiane Hoffmann gleich zu Beginn um einen wichtigen Aspekt: „Wie konnte Schulz seine extrem gute Ausgangslage verspielen?“, fragte die Spiegel-Redakteurin unter Verweis auf dessen zunächst hervorragende Umfragewerte. Es sei unfassbar, dass der Sozialdemokrat seine Chance so schnell verspielt habe, sagte Hoffmann. Zwar versuche die SPD noch immer, geschlossen zu wirken. Allerdings gebe es nach den drei verlorenen Landtagswahlen mittlerweile auch wieder Zweifel in der Partei.
Von Thomas Oppermann wurde der Schulz-Effekt indirekt auch mit Irrationalität erklärt. „Der Aufstieg der SPD war kometenhaft, das war kein normales Wachstum“, sagte der Fraktionschef der Sozialdemokraten. Dabei habe es sich um eine Reaktion gehandelt, die darauf zurückzuführen sei, dass viele Menschen in Deutschland Angela Merkel nicht mehr als Kanzlerin wollen würden. „Martin Schulz kann Menschen begeistern, auch solche, die sich enttäuscht von der Politik abgewendet haben“, warb Oppermann für seinen Kandidaten.
Der SPD-Wähler spricht
Wie viele Wähler sich zuletzt möglicherweise beim Thema Schulz besser fühlten, machten die Ausführungen des Schauspielers Ulrich Matthes deutlich. „Ich habe mich sehr über Schulz gefreut“, sagte der bekennende SPD-Wähler. „Die Streicheleinheiten von ihm waren gut für die Partei.“
Allerdings sei danach zu wenig Konkretes vom neuen SPD-Chef gekommen. In dieser Hinsicht wünschte sich Matthes vor allem mehr zum Thema Gerechtigkeit. Dass sei wichtig, weil es auch im wohlhabenden Deutschland vielen Menschen noch immer nicht gut gehe. „Das Problem der SPD ist, dass viele Wähler die Kanzlerin so wie ich grundsätzlich schätzen“, befand Matthes in Abgrenzung zu Oppermanns Behauptung. Trotzdem sei er, was Schulz angeht, weiterhin vorsichtig optimistisch.
Ist Schulz wirklich zu unkonkret?
Diese Äußerungen zu den Inhalten der SPD-Kampagne wurden auch von Hoffmann geteilt. Bisher sei nicht erkennbar, mit welchem Gerechtigkeitsthema genau sich Schulz verbinden wolle. „Die Deutschen werden niemanden wählen, den sie nicht erkennen könnnen“, sagte die Journalistin. Schulz versuche, wie Angela Merkel keine konkreten Themen zu setzen, um nur ja nicht angreifbar zu sein. Das aber werde nicht funktionieren, weil ihn die Bürger im Unterschied zur Kanzlerin nicht kennen würden.
CDU jubelt, SPD und Grüne am Boden
Doch ist der nach NRW überall formulierte Vorwurf, wonach Schulz und die SPD inhaltlich zu unkonkret sind, wirklich zutreffend? Oppermann jedenfalls konnte mit der Abschaffung der sachgrundlosen Befristung sowie der Lösung der Teilzeit-Falle binnen einer Minute gleich zwei konkrete Vorhaben nennen, die die Gerechtigkeit im Sinne einer fairen Teilhabe am Arbeitsleben verbessern würden.
Das Fazit
Diese Ausgabe von Hart aber fair hat gut funktioniert. Statt sich in den mittlerweile gängigen Analysen der NRW-Wahl zu verkämpfen, nahmen die Gäste auch dank eines immer wieder ordnenden Gastgebers teilweise durchaus minutiös die politische Figur Martin Schulz auseinander. Dabei wurde deutlich, dass der Kanzlerkandidat nun endgültig in den Niederungen der Bundespolitik angekommen ist. Das muss nicht das Schlechteste sein; genug Zeit hat Martin Schulz noch.