Berlin. Die Bundesliga könnte trotz Corona-Pandemie bald wieder starten. Im Talk bei Lanz wird klar: Der Plan deckt nicht alle Szenarien ab.

Jetzt, da Geschäfte bis 800 Quadratmeter Größe wieder öffnen dürfen und Abschlussklassen wieder in die Schulen können, möchte die Bundesliga auch ein Stück vom Lockerungs-Kuchen abhaben. Das Konzept für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs während der Corona-Pandemie wirft aber einige Fragen auf, wie Markus Lanz in seiner Sendung feststellt.

Wieso sollten Fußballprofis bis zu zweimal pro Woche auf eine Corona-Infektion getestet werden, wenn dies weder Krankenpersonal noch Lehrern möglich ist? Wie erklärt man es Amateur- und Jugendmannschaften, dass sie nicht spielen dürfen, dafür aber die großen Vereine?

Markus Lanz – das waren die Gäste:

  • Prof. Christiane Woopen, Medizinethikerin, Vorsitzende des Europäischen Ethikrats
  • Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer von Borussia Dortmund
  • Prof. Michael Meyer-Hermann, Systembiologe und Modellierer am Braunschweiger Helmholtz-Zentrum
  • Ralph Brinkhaus, CDU-Bundestagsabgeordneter, Fraktionschef der CDU/CSU

Markus Lanz: Corona-Konzept der Bundesliga wirft Fragen auf

Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer von Borussia Dortmund, hat zumindest auf die letzte Frage eine definitive Antwort: „Der große Unterschied ist, dass es für die einen ein Beruf ist.“ Die Bundesliga sei eben ein Wirtschaftszweig: „Ähnlich wie VW jetzt wieder den Betrieb aufnimmt, muss auch die Bundesliga wieder losgehen“, so der Fußballmanager.

Wann startet die Bundesliga wieder?

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    Watzke, der, während die anderen Gäste sprechen, stets in halb gelangweilter, halb abgehobener Haltung in Lanz‘ Studio sitzt, kann in der Sendung nicht so richtig Sympathiepunkte für den Fußball sammeln.

    Fußballmanager bei Lanz: Verpasste Spieltage kosten Vereine 750 Millionen

    Die neun verpassten Spieltage kosteten die Vereine rund 750 Millionen Euro, die normalerweise durch Fernsehübertragungen und Sponsoring eingenommen werden würden, berichtet Watzke. Durch den Ticketverkauf kämen in der Regel rund drei Millionen Euro zusammen. Die Deutsche Fußball-Liga hatte vergangene Woche erklärt, dass TV-Partner den Klubs vorerst die finanziellen Sorgen nehmen.

    Allerdings: „Wir sind willens, aus wirtschaftlichen Abwägungen auf Spiele mit Publikum zu verzichten“, so Watzke. Lieber Geisterspiele als der Ausfall von Fernsehgeldern, so klingt es in seinen Äußerungen durch. Oder auch: Außer für die Stimmung ist es gar nicht so wichtig, dass es Zuschauer beim Profifußball gibt.

    Diskussion bei Lanz: Szenario für Corona-Fall in der Bundesliga ungeklärt

    Damit die Mannschaften wieder auf den Platz können, hat man sich Gedanken gemacht: „Wir sind seit Wochen mit den politisch Verantwortlichen im Gespräch. Unser Sicherheitskonzept wird ständig angepasst und verfeinert.“ Das Konzept enthalte neben dem Vorschlag, Bundesligakader „dauerzutesten“ und in Hotels abgeschottet wohnen zu lassen, „hunderte Kleinstregelungen“, wie Watzke sie nennt.

    Für den Fall, dass sich ein Spieler infiziert, scheint es aber noch keine klaren Bestimmungen zu geben: „Dann müssen wir uns klipp und klar mit den Experten besprechen. Wir können dann ja genau nachverfolgen, mit wem derjenige Kontakt hatte.“ Markus Lanz will es genauer wissen: „Und die anderen Spieler und gegnerische Mannschaften gehen dann auch in Quarantäne?“, will er von Watzke wissen.

    Markus Lanz überrascht über Lücke im Corona-Konzept der Bundesliga

    „Das ist genau die Frage, die jetzt zu klären ist“, antwortet Watzke. Der Moderator kann kaum glauben, dass man sich bei dem Konzept von über 40 Seiten, das der Bundesregierung vorgelegt wurde, bisher keine Gedanken zu den Folgen eines Infektionsfalls gemacht hat. Der Fußballmanager dagegen hält daran fest, dass man darüber eben noch diskutieren müsse.

    „Meine persönliche Meinung ist auch, dass man irgendwann von diesem 14-Tage-Quarantäne-Prinzip abgehen muss“, sagt Watzke. Michael Meyer-Hermann, der für das Helmholtz-Institut derzeit die Risikoeinschätzungen zum Verlauf der Corona-Epidemie modelliert, klappt da nahezu die Kinnlade runter: „Das wäre einfach unvernünftig.“

    „Markus Lanz“: Experten zweifeln an Wiederaufnahme des Spielbetriebs

    Auch die Medizinethikerin Christiane Woopen, die dem Corona-Expertenrat Armin Laschets angehört, ist sich unsicher, ob die Wiederaufnahme des Spielbetriebs eine gute Idee sei. Zwar würde durch das vorgelegte Sicherheitskonzept das Infektionsrisiko für die Spieler erheblich gesenkt – fraglich seien allerdings die gesellschaftlichen Auswirkungen.

    „Viele Menschen haben an Bundesligaspielen Freude. Das ist aber so, weil sie dann zusammenkommen, sich austauschen, die Spannung teilen, gemeinsam feiern. Dieses Gemeinschaftserlebnis fällt nun aus“, so Woopen. Zudem müsste man sich fragen, ob das Erlauben von Bundesligaspielen zu rechtfertigen sei, wenn in anderen Bereichen, in denen die Abstandsregeln einhaltbar wären, immer noch keine Lockerungen erfolgt sind.

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    „In der Bevölkerung darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Kriterien danach gesetzt werden, wer besonders mächtige Lobbyverbände hat“, stellt Woopen fest. Watzke blickt dabei leicht angesäuert.

    Watzke bei Markus Lanz: „Wir wollen keine Sonderstellung“

    Die Situation in Deutschland bietet gerade nicht unbedingt die Chance für weitere Lockerungen, betont Systembiologe Meyer-Hermann nochmal: „Die aktuelle Reproduktionszahl zeigt uns, dass wir sehr vorsichtig sein müssen. Ich betrachte es als meine Pflicht, darauf hinzuweisen, dass wir uns auf einer Gratwanderung befinden.“

    Ob in der Fußball-Bundesliga wieder gespielt werden darf, während andere Sportarten weiter ruhen müssen, wird sich wohl in den kommenden Tagen entscheiden. „Wir wollen keine Sonderstellung“, meint Hans-Joachim Watzke einmal im Laufe der Sendung – bei grünem Licht für das Sicherheitskonzept hätten die Vereine aber genau das.

    Markus Lanz: So wurde die Corona-Krise in der Sendung bisher diskutiert