Essen. Im düsteren Nürnberg-„Tatort“ um unerfüllte Liebe „Die Nacht gehört dir“ verzweifelt Kommissar Voss über das menschliche Verhalten.

„Ich habe immer wieder gedacht, dass der Mensch immer wieder die Chance hat, richtig zu handeln. Und ich habe mich immer wieder gefragt, warum das einfach nicht passiert.“ Eine Frauenstimme aus dem Off überlagert den langsamen Kameraschwenk über ein blutiges Messer.

Die Ratlosigkeit, die verzweifelte Suche nach Erklärungen, die dabei anklingen, rücken den Nürnberg-Tatort „Die Nacht gehört dir“ von Anfang an in die Nähe einer Tragödie, aus der es Erlösung nicht gibt.

Babs Sprenger (Anna Tenta) ist eine erfolgreiche, bei den Kollegen beliebte und geschätzte Managerin eines Immobilienkonzerns. Enge soziale Kontakte hat sie nicht, nur Kollegin Theresa Hein (Anja Schneider) ist eine gelegentliche Bezugsperson.

Die Täterin behält ihr Motiv für sich

Umso aktiver war die lebensfrohe Single-Frau bis vor kurzem unter wechselnden Decknamen auf verschiedenen Dating-Portalen. Ihren Geburtstag feiert sie allerdings allein mit Theresa. Am nächsten Tag ist sie tot – erstochen mit einem Sushi-Messer, das ihr Theresa geschenkt hat und das die Polizei säuberlich gereinigt in der Spülmaschine findet.

Wie konnte ein Abend, der ruhig und harmonisch begann, so schrecklich enden? Die Frage nach dem Wer ist für die Kommissare Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und Felix Voss (Fabian Hinrichs) schnell beantwortet. Anscheinend emotionslos und ohne Verhördruck bekennt sich Theresa freimütig zur Tat. Offen bleibt die Frage nach dem Warum. „Ich hatte genug.“ Mehr an Erklärung liefert Theresa nicht.

Was verschweigt sie, wie stand sie tatsächlich zu ihrer Kollegin? Und was für ein Mensch war Babs? Gut, sie war freigiebig, hilfsbereit, entgegenkommend. Doch jeder ihrer Dating-Partner, darunter auch der Hausmeister des Immo-Konzerns, wurde nach kurzer Zeit knallhart abserviert.

Aus Unsicherheit, purer Selbstsucht oder Angst vor zu viel Nähe? Warum hat sie ihre Online-Aktivitäten vor drei Monaten abrupt beendet, warum steht in ihrer Wohnung ein Foto, das wohl den jungen Klavier-Studenten Anton Steiner (Lukas B. Amberger) in Kindertagen zeigt? Und immer wieder die Frage: Was hat Theresa mit alldem zu tun?

Der Kommissar, ein Romantiker

Irgendwann verzweifelt Voss an der Unergründbarkeit menschlichen Verhaltens; er mag eigentlich gar nicht mehr wissen, wer was wie und warum getan hat, wie alles zusammenhängt. Voss sorgt in diesem Tatort (Drehbuch und Regie: Max Färberböck) dafür, dass die Düsternis der in vielen Rückblenden erzählten Tragödie immer wieder von hellen Lichtstrahlen durchbrochen wird.

Dieser sachliche, zielstrebig vorgehende Kommissar kann, gerade in ruhigeren Momenten mit seiner lebensklugen Kollegin, ein herrlich verträumter, unglaublich eloquenter Romantiker sein, der zudem alles daran setzt zu verhindern, dass der psychische Druck der Arbeit auch sein Privatleben belastet.

Endlich hat er es geschafft, ein Date mit der angehimmelten Honig-Verkäuferin vom Wochenmarkt zu vereinbaren. Wenn der letzte Vorhang der Tragödie gefallen ist, geht’s mit ihr ins Kino. Das Leben kann auch schön sein.

  • Sonntag, 20.15 Uhr, ARD