Essen. Eine Frau soll sich getötet haben, obwohl sie endlich ein Baby hatte. Überraschend ernsthafte Themen bestimmen diesen „Wilsberg“-Fall.

Alex Holtkamp (Ina Paule Klink) möchte in einer großen Anwaltskanzlei anheuern. Mit Georg Wilsberg (Leonard Lansink) und Ekki Talkötter (Oliver Korittke) bereitet sie sich gerade auf das Vorstellungsgespräch vor, da platzt Britta Mantzke ins Antiquariat. Die verstörte Frau will Wilsberg in einer dringenden Familienangelegenheit als Detektiv verpflichten, leistet eine Anzahlung, doch zum vereinbarten Mandantengespräch am nächsten Vormittag erscheint sie nicht. Da ist sie längst tot. Ertrunken im Aasee in Münster.

Suizid, befinden Hauptkommissarin Springer (Rita Russek) und Oberkommissar Overbeck (Roland Jankowsky). Wilsberg will trotzdem seinen Auftrag posthum erfüllen. Von der Schwester der Toten erfährt er, dass Britta sich nach einer Krebserkrankung willensstark ins Leben zurückgekämpft hat. Mithilfe einer Kinderwunsch-Klinik hat sie sich sogar den lang gehegten Kinderwunsch erfüllt. Bringt so eine Frau sich um?

„Wilsberg“ widersetzt sich dem Schmunzelkrimi-Label

Vehement widersetzt sich der neue „Wilsberg“-Fall „Minus 196°“ dem manchmal durchaus aus gutem Grund zugewiesenen Etikett des Schmunzelkrimis. Nicht nur wegen des ernsthaften Hauptthemas Samenspende und künstliche Befruchtung samt seiner ethischen und juristischen Aspekte.

Ekki Talkötter (Oliver Korittke) undercover: Um Beweise gegen den dubiosen Handel mit Altkleidern von „Dress4Aid“ zu sammeln, muss Ekki auf eigene Faust ermitteln.
Ekki Talkötter (Oliver Korittke) undercover: Um Beweise gegen den dubiosen Handel mit Altkleidern von „Dress4Aid“ zu sammeln, muss Ekki auf eigene Faust ermitteln. © ZDF | Guido Engels

An amüsanten Intermezzi fehlt es dabei nicht, doch solche Momente sind vor allem der Kitt, durch den die mit leichter Hand konstruierte Geschichte Stabilität gewinnt. Alex’ erste und einzige Aufgabe in der neuen Kanzlei ist ausgerechnet die juristische Betreuung der Münsteraner Kinderwunsch-Klinik, in dessen charmanten Chefarzt sie sich prompt verliebt.

Täter ist leider wenig überraschend

Wilsberg und Brittas Schwester geben sich in der Klinik als interessiertes Ehepaar aus. Derweil tollpatscht Ekki auf der Suche nach seiner mit einer alten Jacke versehentlich entsorgten Brieftasche in ein Altkleider-Unternehmen, wittert dubiose Machenschaften und hetzt dem gemeinnützigen Verein erst einmal die Steuerprüfung auf den Hals.

Wie solche unabhängigen Erzählstränge auf eine gemeinsame Kreuzung zusteuern, das ist so unerwartet wie letztlich konsequent. Wenig überraschend ist leider die Identität des Haupttäters, und der Vorwurf trifft vor allem die Besetzung nach „Rollenfach“. Schon früh darf man angesichts der Personenkonstellation und der Darsteller wetten: „Der ist es“ – und würde die Wette gewinnen.

Overbeck entdeckt Vatergefühle

Eine wirkliche Überraschung ist dagegen ausgerechnet Overbeck. Der war einst selbst anonymer Samenspender und steht plötzlich, nach veränderter Rechtslage, einer 16-jährigen Tochter gegenüber.

Wie dieser normalerweise großspurige, an Selbstüberschätzung leidende Beamte nach erster rigoroser Abweisung seine Vaterrolle annimmt, wie er zusehends aufblüht, völlig neue Charakterseiten an sich selbst entdeckt, wie er in ein seelisches Loch fällt, als ein DNA-Test ihn dann doch als Vater ausschließt, da wird Overbeck plötzlich zum einzig wahren Sympathieträger.

Fazit: Der Wilsberg-Krimi geht in die 63. Auflage und ist immer noch für eine Überraschung gut.

• Samstag, 2. März, 20.15 Uhr, ZDF