Berlin. „Lotte am Bauhaus“ erzählt vom Aufbruch der Frauen in den 1920er-Jahren – am Beispiel der vor 100 Jahren gegründeten Kunsthochschule.

Das Erste, was wir in diesem Film sehen, ist eine Horde nackter junger Menschen, die 1920 in den Wäldern um Weimar herumtobt und dabei eine unbändige Lebenslust ausstrahlt. Lotte Brendel (Alicia von Rittberg), die gerade mit dem Fahrrad vorbeifährt, würde sich bei diesem Anblick am liebsten selbst die Kleider vom Leib reißen.

Denn diese fröhlichen Nudisten sind Schüler am experimentellen „Bauhaus“, das ein Jahr zuvor von dem Designer Walter Gropius (Jörg Hartmann aus dem Dortmunder „Tatort“) ins Leben gerufen wurde. Für Lotte, die sich selbst an Malerei versucht, ist es der Ort ihrer Sehnsucht.

Die Schüler wurden als Spinner und Kommunisten abgetan

Es braucht meist eines Jubiläums, um die Fernsehsender auf Stoffe zu stoßen, die sich vom gewöhnlichen Tagesprogramm unterscheiden. In diesem Fall ist es das vor 100 Jahren entstandene Bauhaus, eine Kunstschule, deren unverwechselbarer Stil bis heute Geltung hat.

Deren Schüler damals aber von den meisten Bürgern als Spinner und Kommunisten abgetan wurden. Das ist auch Lottes Kummer, denn ihr Vater will sie nicht in diesen Kreisen wissen. Er spricht ihr jegliche künstlerische Begabung ab und will sie weiter im Büro seiner Schreinerwerkstatt wissen.

Die ungehorsame Tochter wird aus dem Haus gejagt

 Lotte (Alicia von Rittberg, re.) lernt Pauls (Noah Saavedra, re.) Freunde Anni (Marie Hacke), Juppi (Ulrich Brandhoff) und Dörte (Julia Riedler) am Bauhaus Weimar kennen.
Lotte (Alicia von Rittberg, re.) lernt Pauls (Noah Saavedra, re.) Freunde Anni (Marie Hacke), Juppi (Ulrich Brandhoff) und Dörte (Julia Riedler) am Bauhaus Weimar kennen. © MDR/UFA Fiction/Stanislav Honzik | MDR/UFA Fiction/Stanislav Honzik

„Lotte am Bauhaus“ ist ein glücklicher Moment des Fernsehens. Drehbuchautor Jan Braren und Regisseur Gregor Schnitzler schaffen es ganz unaufdringlich, hier Kunst und Schicksal miteinander zu verweben. Die fiktive Lotte ist für sie dabei die Leitfigur, deren Höhen und Tiefen der Zuschauer verfolgen kann. Um ganz nebenbei auch viel mitzubekommen von dem, was am Bauhaus geschieht.

Ihr freies Leben beginnt damit, dass der Vater seine ungehorsame Tochter schließlich aus dem Haus jagt, Lotte aber die Aufnahmeprüfung am Bauhaus besteht. Fortan muss sie lernen, ihre Interessen zu vertreten, was auch im Bauhaus nicht immer leicht ist. Die gerade erst beschlossene Gleichstellung von Mann und Frau beispielsweise wird von Gropius immer wieder gerne missachtet.

Die Kamera folgt den Bauhaus-Formen

Wie wechselhaft das Schicksal auch sein kann, nie hinterlässt dieser Film den Eindruck von Hast. Egal, ob es die große Liebe ist, die Lotte bei dem Studenten Paul Seligmann (Noah Saavedra) verspürt. Egal, ob es die Heirat ist oder das unerwartete Kind, schließlich auch noch die gefährdete Ehe.

Neben vielen frischen Gesichtern ragt mit Alicia von Rittberg („Charité“) eine Schauspielerin heraus, die den Geist des Bauhauses stets spüren lässt. So wie sie hier ihrer Lotte Standpunkte verleiht, wie sie Glück und Schmerz durchlebt, würde man ihr gern noch länger zuschauen. Ebenso dem Kameramann Christoph Stangassinger, der in der Bildbearbeitung die klaren Linien und Formen des Bauhausstils immer wieder hervorscheinen lässt.

Fazit: Das Schicksal einer jungen Frau ist stark mit der legendären Bauhaus-Kunst verbunden. Ungewöhnlich und überzeugend.

• ARD, Mittwoch, 13. Februar, 20.15 Uhr