Christiane Paul spielt in „Ostfriesensünde“ eine traumatisierte Ermittlerin, die nach Norderney kommt. Ruhe findet sie dort nicht.

Am Strand von Norderney vergnügen sich die ersten Urlauber, der große Ansturm der Sommerferiengäste steht unmittelbar bevor, da wirft die pralle Sonne ihre Schatten. Die Kamera fängt, unvermittelt und unnötig symbolträchtig, düster dräuende Sturmwolken über tosender See ein.

Hochdramatisches kündigt sich an, und die Musik steuert dazu alsbald die durchgängige Moll-Tonart bei. Handwerker sind im Keller einer Strandbar zufällig auf die eingemauerte Leiche einer jungen Frau gestoßen. Hauptkommissarin Ann-Kathrin Klaasen (Christiane Paul) und ihre Kollegen Weller (Christian Erdmann) und Rupert (Barnaby Metschurat) von der Kripo Aurich machen sich auf den Weg.

Hauptkommissarin Klaasen kämpft mit traumatischer Erfahrung

Ostfriesensünde“, wieder nach einem gleichnamigen Roman von Klaus Peter Wolf, ist der dritte TV-Einsatz für Klaasen (Regie: Rick Ostermann). Eigentlich hat ihr Chef sie vor allem nach Norderney geschickt, um sie zu beruhigen und aus der Schusslinie zu nehmen.

Seit ihr Vater (Ernst Stötzner), der auch Polizist war, bei einem nie geklärten Bankraub erschossen wurde, ist die Beamtin schwer traumatisiert. Ein Grund, warum sie bei einem neuen Banküberfall in Leer die Kontrolle verloren und wild drauflosgeballert hat. Also ab auf die Insel.

Klaasen versetzt sich in die Opfer hinein

Von Ruhe kann dort freilich nicht die Rede sein. Alles deutet darauf hin, dass die junge Frau lebendig begraben wurde und erst nach Tagen starb. Die Ermittlerin folgt einem inneren Zwang. Niemand kann sich so tief in die Lage der Opfer versetzen, um die Tat zu verstehen, wie die eigenwillige, wenig teamfähige Hauptkommissarin.

Ihre quälende Geschichte (immer wieder erscheint ihr der Vater, den sie nicht hat retten können), ihre an Selbstzerfleischung grenzende Selbsterkundung, ihre Zweifel und Schuldgefühle machen ihre Stärke aus. So hat sie schon zwei Serientäter zur Strecke gebracht.

Christiane Paul spielt feinnervig und intensiv

Ihre Erfolge rufen eine bundesweit agierende „Soko Maurer“ auf den Plan, die seit Jahren erfolglos in ähnlich gelagerten Fällen ermittelt. Auch in Ostfriesland gehen allmählich die Verdächtigen aus.

Als eine weitere junge Frau verschwindet und der von einer Freikirche heftig angefeindete Leiter einer Abtreibungsklinik entführt wird, greift Klaasen zum Selbstversuch. Sie lässt sich einmauern, um aus den eigenen Empfindungen und Reaktionen Rückschlüsse auf eine mögliche Täter-Opfer-Verbindung zu ziehen.

Nicht nur in diesen Situationen ist das feinnervige, intensive Spiel Christiane Pauls ein Erlebnis. Eine „Über-Ermittlerin“ ist diese Ann-Kathrin Klaasen gleichwohl nicht.

Fazit: Ein packender, düsterer Psychothriller, der manchmal fast „skandinavisch“ anmutet. „Ostfriesensünde“, ZDF, Samstag, 20.15 Uhr