Düsseldorf. Vicky Krieps ist als beste Schauspielerin beim Deutschen Fernsehpreises geehrt worden. Auf Star-Allüren verzichtete die 35-Jährige.

Sie jubelt nicht, als ihr Name fällt. Springt nicht auf, reißt nicht die Arme in die Höhe, als Uwe Ochsenknecht sie am späten Donnerstagabend beim Deutschen Fernsehpreis 2019 in den Düsseldorfer Rheinterrassen zur „Besten Schauspielerin“ des Jahres kürt. Ist halt nicht ihre Art.

Stattdessen lässt sie ihren Kopf auf den rechten Unterarm sinken und lächelt. Dann steht sie auf und geht zur Bühne. Dort steht sie dann – weiße Bluse mit großer dunkler Schleife zu schwarzem Rock und Stiefeletten – und stellt sich vor. „Hallo, ich bin die Vicky.“

Mit vollem Namen Vicky Krieps, liiert seit vielen Jahren mit „SOKO Wismar“-Star Jonas Laux. Typ mädchenhafte Brünette, im deutschen Fernsehen viele Jahre nur besetzt für Nebenrollen. Mit einem markanten Gesicht, das lange Zeit eher in Erinnerung bleibt als der Name.

Mit „Das Boot“ gelang Vicky Krieps der Durchbruch

„Vicky, wer...“, soll Fernsehspielchefin Heike Hempel vor einigen Jahren noch gefragt haben, als man ihr Frau Krieps für die Hauptrolle in der Verfilmung der Lebensgeschichte der deutschen Fliegerin Elly Beinhorst vorschlug.

In der Branche fragt mittlerweile niemand mehr nach Vickys Nachnamen. Und seit die gebürtige Luxemburgerin in der Serien-Fortsetzung des Film-Klassikers „Das Boot“ die mit ihrem Gewissen kämpfende Übersetzerin Simone Strasser spielt, kennt sie auch das TV-Publikum – zumindest, wenn es ein Abo des Bezahlsenders Sky hat.

Im Film fühlt sich Krieps eher beheimatet

Dabei ist Krieps eigentlich gar nicht zu Hause im Medium Fernsehen. Sie müsse, sagt sie deshalb auch zu Beginn ihrer Dankesrede in Düsseldorf, sich entschuldigen: „Ich kenne das deutsche Fernsehen eigentlich gar nicht. Ich schau das sehr selten.“ Das liegt allerdings weniger daran, dass die 35-Jährige aus Luxemburg stammt, als vielmehr an dem Umstand, dass sie ihr Künstlerherz längst anderweitig verloren hat.

Der Film fasziniert sie. „Mich begeistert, wie die Kamera es schafft, das zu vermitteln, was ich denke, obwohl ich wegschaue“, hat sie mal in einem Interview gesagt. „Es ist so, als sei sie keine Maschine, sondern ein lebendiges Auge.“

Ihre Eltern bezeichnet sie als „Hippies“

Trotz dieser Faszination dauert es, bis Krieps sich für die Schauspielerei entscheidet. Dabei ist sie in einer Familie aufgewachsen, die sie nicht daran gehindert hätte. Ihre deutsche Mutter ist die Beuys-Schülerin Eva-Maria Krieps, ihr Luxemburger Vater lange Kulturminister seines Landes.

„Hippies“ nennt Vicky sie in Interviews immer wieder einmal. Hippies, die ihr viele Freiheiten lassen, aber sich offenbar wohlfühlen im Kleinstaat Luxemburg, der nicht unbedingt bekannt dafür ist, die Wiege großer Filmstars zu sein.

Gespaltene Familiengeschichte

Vicky wird das Leben dort zu eng. Mit 18 geht sie für eine Hilfsorganisation nach Afrika. Dort entscheidet sie sich, Schauspiel zu studieren, kehrt nach Europa zurück und schreibt sich an der Züricher Hochschule der Künste ein.

Das Angebot für „Das Boot“ erreicht die zweifache Mutter, da steht sie gerade gemeinsam mit dem großen Daniel Day Lewis für „Der seidene Faden“ vor der Kamera.

Sie sagt zu. Nicht nur, weil sich der aus Straßburg stammenden Filmfigur geografisch nahe fühlt, sondern vor allem, weil ihr Großvater im KZ war, während es auf deutscher Seite der Familie auch Nazi-Sympathisanten gab. „Diese Dualität hat mich immer interessiert, und ich habe mich meiner Figur fast ausschließlich über die Erzählungen meiner Oma genähert“, hat sie bei der Vorstellung der Serie gesagt.

„Ich finde es manchmal schön, wenn es still ist.“

Der Deutsche Fernsehpreis ist ihr erster großer Preis. Sie hat sich gefreut darüber, keine Frage, aber sie hat dabei nicht so ausgesehen als sei der Rote Teppich einer ihrer Lieblingsplätze. Inmitten einer Menschentraube wirkt sie manchmal abwesend, verträumt, in sich gekehrt.

Eine ernste Frau, die sich Gedanken macht, die nachdenkt, bevor sie spricht – und die hin und wieder am liebsten gar nichts sagt. „Ich finde es manchmal schön, wenn es still ist.“

Von „Das Boot“ wird es eine zweite Staffel geben – mit Vicky Krieps

Wird es in nächster Zeit aber nur selten sein. Für den Grimme-Preis ist „Das Boot“ ebenfalls nominiert, eine zweite Staffel ist bereits angekündigt. Doch Krieps hat offenbar genügend Bodenhaftung, um den Trubel zu überstehen.

Sie sehe sich ja wie vor dem großen Durchbruch, sagt sie. „Ich stecke ja in mir drin und schaue aus mir raus. Wie andere mich sehen, darüber denke ich nicht so viel nach.“