Düsseldorf. Minus zwei Grad draußen, tropische Temperaturen im Saal und ein Jürgen von der Lippe ohne Hawaii-Hemd: der Deutsche Fernsehpreis 2019.

Natürlich ist das immer noch merkwürdig, wenn ein Preis, der sich Deutscher Fernsehpreis nennt, nicht im Fernsehen übertragen wird.

Auch die 20. Auflage lief am Donnerstagabend quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit, selbst wenn Jörg Schönenborn, Fernsehdirektor des in diesem Jahr stellvertretend für die ARD gastgebenden WDR, das im Vorfeld anders sah. Weil sein Sender einen Livestream ins Internet stellte und sich der ARD-Spartenkanal One sich erbarmte, spät am Abend eine Zusammenfassung zu senden.

Moderatoren Schöneberger und Hallaschka spotteten

„Wir werden“, spotteten die Moderatoren Barbara Schöneberger und Steffen Hallaschka in ihrer deutschen Coverversion von „Bohemian Rhapsody“, „sogar gestreamt. Oh Buhrow, tausend Mal Danke, Tom Buhrow, Du hast’s geschafft, hast hier den Fame reingebracht.“

Buhrow selbst hörte das nicht. Er war auf einem „medienpolitischen Treffen“, obwohl er selbst „mehr Wertschätzung“ für den Deutschen Fernsehpreis angemahnt hatte – per Videobotschaft.

Fernsehpreis ist eine Vollversammlung der Branche geworden

Die Nominierten störte das alles anscheinend wenig. Die Verleihung des deutschen Fernsehpreises ist eine Vollversammlung der Branche geworden. Wie früher der Echo für die Musikindustrie. Nur ohne Kollegah. Dafür aber mit leckerem Essen – in diesem Jahr Rinderfilet, Portwein-Schalotten und Petersilienwurzel – und gemütlichem Beisammensein nach dem offiziellen Teil mit Preisverleihungen in über 20 Kategorien.

Schauspielerin Vicky Krieps freute sich nach der Verleihung des Deutschen Fernsehpreis 2019 über die Auszeichnung in der Kategorie beste Schauspielerin.
Schauspielerin Vicky Krieps freute sich nach der Verleihung des Deutschen Fernsehpreis 2019 über die Auszeichnung in der Kategorie beste Schauspielerin. © dpa | Henning Kaiser

In einer der wichtigsten davon siegte Albrecht Schuch, der – mit „Der Polizist und das Mädchen“, „Gladbeck“ und „Kruso“ – gleich in drei Filmen brillierte und Bester Schauspieler wurde. Bei den Schauspielerinnen siegte Vicky Krieps für ihre Rolle als Widerstandkämpferin der Sky-Serie „Das Boot“.

RTL-Show „Let’s dance“ ist beste Unterhaltung in der Primetime

„Gracias“ sagte „Let’s dance“-Juror Jorge Gonzalez zum Deutschen Fernsehpreis.
„Gracias“ sagte „Let’s dance“-Juror Jorge Gonzalez zum Deutschen Fernsehpreis. © Getty Images | Andreas Rentz

Beste Unterhaltungssendung Primetime wurde das zum vierten Mal nominierte und bisher stets leer ausgegangene „Let’s dance“. Juror Joachim Llambi hatte beim Gang über den Roten Teppich schon nicht mehr dran geglaubt, obwohl er die Show als „eine der letzten großen Familiensendungen“ gelobt hatte.

Die kürzeste Dankesrede des Abends hielt Jury-Kollege Jorge Alexis González: „Gracias“. Er fühle sich „geehrt“, sagte er beim Fototermin, bei dem Llambi nach eigener Aussage „stolz“, war über den Preis.

„Bares für Rares“ gewinnt einen Fernsehpreis

Zum zweiten Mal nominiert in der Kategorie Best Factual Entertainment und zum ersten Mal gewonnen hat die ZDF-Trödelshow „Bares für Rares“. „Dankeschön, dass ich so etwas machen darf“, zeigte sich Gastgeber Horst Lichter bescheiden und jubelte später am Abend: „Wir haben das Ding.“

Ina Müller erhielt den Preis für die beste Late Night-Show, Beste Comedy ging an Maren Kroyman, beste Moderation Unterhaltung machte Luke Mockridge, der allerdings nicht da war, weil er mit seinem Showprogramm auf einer Bühne stand. „Ist schon mein zweiter Preis, ich glaube ich hör jetzt auf“, erklärte er per Video zugeschaltet.

Bester Fernsehfilm des Jahres wurde die ZDF-Produktion Film „Aufbruch in die Freiheit“ über den Abtreibungsparagraphen in den 70er-Jahren, beste Comedy-Serie „Jerks“ und bester Mehrteiler „Gladbeck“, über das Geiseldrama im Ruhrgebiet 1988.

Für den Besten Regissuer hielt die Jury Christian Schwochow, der die Serie „Bad Banks“ drehte. Die Serie siegte auch in der mittlerweile wichtigsten Kategorie „Beste Dramaserie“. Doch nicht nur deshalb feierten Darsteller und Team bis spät in die Nacht, sondern auch weil Hauptdarstellerin Paula Beer 24 Jahre alt wurde.

Jürgen von der Lippe fürs Lebenswerk geehrt

Zum großen Finale nahm Jürgen von der Lippe den Fernsehpreis für sein Lebenswerk entgegen – als einer der „ganz Großen der deutschen Unterhaltung“, wie es WDR-Intendant Tom Buhrow im Vorfeld formulierte.

Der Moderator Jürgen von der Lippe bekam den Deutschen Fernsehpreis für sein Lebenswerk.
Der Moderator Jürgen von der Lippe bekam den Deutschen Fernsehpreis für sein Lebenswerk. © dpa | Henning Kaiser

Der 70-jährige hatte sich für diesen besonderen Abend zwar in einen schwarzen Anzug „gezwängt“ und eine gepunktete Fliege umgebunden, will aber auch in Zukunft nicht von seinen Hawaii-Hemden lassen. Sie seien mittlerweile eine Art Berufskleidung. Wenn er die weglasse, ist er überzeugt, bekämen die Leute Angst. „Das ist so ähnlich, als wenn ein Feuerwehrmann seine Uniform gegen ein Funkenmariechen-Kostüm tauschen würde.“

„Du bist, der ehrlichste, lustigste, charmanteste alte Sack, der mir im Laufe der Jahre begegnet ist“, lobte ihn Laudatorin Ina Müller, bevor ihm sein Preis von Eckart von Hirschhausen überreicht wurde, den von der Lippe vor 22 Jahren entdeckte, als er Kandidat bei „Geld oder Liebe“ war.

Er habe lange überlegt, wie er sich bedanken solle, sagte der Geehrte. „Ich habe immer viel von mir halten, habe aber nie gewusst, dass ich so ein famoses Haus bin“, sagt er dann über das Lob von Tom Buhrow und machte es dann kurz. „Das war’s.Jetzt kann ich endlich anfangen zu trinken.“

Das sind die Fernsehpreis-Gewinner im Überblick:

  • Bester Fernsehfilm: „Aufbruch in die Freiheit“ (ZDF/Relevant Film)
  • Bester Mehrteiler: „Gladbeck“ (ARD/ARD Degeto/RB/Ziegler Film)
  • Beste Drama-Serie: „Bad Banks“ (ZDF/Arte/LETTERBOX Filmproduktion/IRIS Productions)
  • Beste Comedy-Serie: „jerks.“ (ProSieben/maxdome GmbH/Talpa Germany)
  • Beste Schauspielerin: Vicky Krieps für „Das Boot“ (Sky/Bavaria Fiction/Sonar Entertainment)
  • Bester Schauspieler: Albrecht Schuch für „Der Polizist und das Mädchen“ (ZDF/Sperl Film für Wiedemann und Berg), „Kruso“ (ARD/MDR/ARD Degeto/UFA Fiction), „Gladbeck“ (ARD/ARD Degeto/RB/Ziegler Film)
  • Beste Regie: Christian Schwochow für „Bad Banks“ (ZDF/Arte/LETTERBOX Filmproduktion/IRIS Productions)
  • Bestes Buch: Mizzi Meyer für „Der Tatortreiniger“ (NDR/LETTERBOX Filmproduktion)
  • Beste Kamera: David Luther für „Das Boot“ (Sky/ Bavaria Fiction/Sonar Entertainment)
  • Bester Schnitt: Ueli Christen für „Gladbeck“ (ARD/ARD Degeto/RB/Ziegler Film)
  • Beste Musik: Annette Focks für „Die Freibadclique“ (ARD/SWR/ARD Degeto/MDR/NDR/SR/ Ziegler Film/MIA Film)
  • Beste Ausstattung: Martina Müller, Jana Karen für „Der große Rudolph“ (ARD/BR/ARD Degeto/WDR/ORF/Producers at Work)
  • Beste Unterhaltung Primetime: „Let’s Dance“ (RTL/Seapoint Productions/Tower Productions)
  • Beste Moderation Unterhaltung: Luke Mockridge für „LUKE! Die 2000er und ich“, „LUKE! Die Schule und ich“, „LUKE! Die Woche und ich“ (SAT.1/Brainpool TV/Lucky Pics)
  • Beste Unterhaltung Late Night: „Inas Nacht“ (ARD/NDR/beckground tv)
  • Beste Comedy: „Kroymann“ (ARD/Radio Bremen/SWR/NDR/rbb/bildundtonfabrik)
  • Bestes Factual Entertainment: „Bares für Rares“ (ZDF/Warner Bros.)
  • Beste Ausstattung Show: Guido Heinz Frinken, Oli Egon Ide für „Das große Backen“ (SAT.1/Tower Productions)
  • Beste Dokumentation/Reportage: „Kulenkampffs Schuhe“ (ARD/SWR/HR/zero one)
  • Bester Doku-Mehrteiler: „Terra X: Die Reise der Menschheit“ (ZDF/Arte/Gruppe 5)
  • Beste Information: Auslandsreporter Antonia Rados für „Jemens langsamer Tod“ (n-tv)
  • Bestes Infotainment: Jenke von Wilmsdorff für „Jenke macht Mut! Leben mit Brustkrebs“ (RTL/infoNetwork), „Das Jenke-Experiment“ (RTL/infoNetwork), „Jenke Über Leben“ (RTL/Bavaria Entertainment)
  • Beste Sportsendung: „ranNFL“ (ProSieben/ProSieben MAXX)