Essen. Die Arte-Doku „Operation Mondlandung“ beleuchtet die Nazi-Vergangenheit der Wissenschaftler, die die USA auf den Mond fliegen ließen.

Es war das größte Abenteuer des 20. Jahrhunderts: Mit 150 Millionen PS Schubkraft startet im Sommer 1969 die erste bemannte Mond-Mission in den Weltraum. Eine halbe Milliarde Menschen weltweit verfolgte atemlos an den TV-Bildschirmen, wie Neil Armstrong am 21. Juli als erster Mensch seinen Fuß auf den Mond setzte.

50 Jahre später liegt auf seinem „kleinen, großen Schritt“ ein dunkler Schatten. Das zeigt eindrücklich die Dokumentation „Operation Mondlandung“, die ein Arte-Themenabend mit vier neuen Filmen eröffnet.

An der spektakulären Mond-Landung von 1969 waren auch mehr als 100 Ingenieure aus Deutschland beteiligt, die für die Nasa arbeiteten – darunter federführend Wernher von Braun, Arthur Rudolph und Hubertus Strughold. Ohne deren hoch spezialisiertes Wissen wäre die Apollo-11-Mission womöglich gar nicht möglich gewesen.

Nasa wollte im Rennen mit den Sowjets punkten

Damals war schon bekannt, dass sie in den 40er-Jahren maßgeblich Hitlers Raketenprogramm in Peenemünde vorangetrieben hatten. Wie es aber dazu kam, dass die an Kriegsverbrechen beteiligten Wissenschaftler ihre Karrieren ungehindert fortsetzen konnten, wurde erst mit Öffnung der Geheimakten bekannt.

1962: US-Präsident John F. Kennedy und Vize-Präsident Lyndon B. Johnson beim Treffen mit Wernher von Braun.
1962: US-Präsident John F. Kennedy und Vize-Präsident Lyndon B. Johnson beim Treffen mit Wernher von Braun. © imago/UIG | imago stock&people

Mit historischen Filmaufnahmen, vielen schockierenden Details und vor allem mit Zeitzeugen-Interviews leuchtet der Film von Jens Nicolai nun die Rolle der drei Raketenentwickler aus. Zu Wort kommt auch Dorette Schlidt, die ehemalige Sekretärin von Wernher von Braun, die sich, hochbetagt, an die Zusammenarbeit erinnert.

Dabei spielte die geopolitische Entwicklung der Zeit eine entscheidende Rolle: Um sich einen Vorsprung im beginnenden „Kalten Krieg im Weltall“ gegenüber der Sowjetunion zu sichern, brachte ein US-Spezialkommando die deutschen Wissenschaftler und deren Familien schon kurz nach Kriegsende in das Nasa-Forschungslabor in Alabama. Dort wurden durch einen schlichten Vermerk in den Akten aus überzeugten Nazis unpolitische Wissenschaftler.

Grausame Experimente an Kindern

Erst zu Beginn der 80er-Jahre, lange nach ihrer Pensionierung, untersuchte das US-Justizministerium ihre aktive Rolle in Nazi-Deutschland: Wernher von Braun war schon früh Mitglied der SS. Gemeinsam mit Arthur Rudolph hatte er die berüchtigte, raketenbetriebene V2 entwickelt, bei deren Produktion mindestens 12.000 Zwangsarbeiter unter unvorstellbar unmenschlichen Arbeitsbedingungen starben.

Und Hubertus Strughold, lange Zeit gefeierter „Vater der Weltraummedizin“, hatte im Konzentrationslager Dachau sehr wahrscheinlich Experimente an Hunderten von epilepsiekranken Kindern durchgeführt.

Für ihre skrupellosen Forschungen wurden die „Vorzeige“-Wissenschaftler vor Gericht niemals zur Verantwortung gezogen. Auch der Film will – 50 Jahre später – weniger anklagen als nach der ethischen Verantwortung der Wissenschaft fragen. Und die verjährt nie.

Fazit: Faktenreiche, gut illustrierte Dokumentation.

• Arte, 21.55 Uhr