Hamburg. Der Krimi „Die verschwundene Familie“ mit Heino Ferch und Barbara Auer kann überzeugen. Am Dienstag zeigt das ZDF den zweiten Teil.
An diesem Dienstagabend wird im ZDF der zweite Teil von „Die verschwundene Familie“ gezeigt. Millionen Fernsehzuschauer schalteten ein – dass der Film auf wahren Begebenheiten beruht, konnten wohl nur wenige erahnen.
Der Film basiert auf der Geschichte um den toten Vater Marco Schulze. Er wurde 2015 tot aus der Elbe geborgen, von seiner Frau und Tochter fehlt bis heute jede Spur. Der Fall habe die Initialzündung für den Film gegeben, sagte Regisseur Thomas Berger. „Ansonsten hat der Film seine ganz eigene Geschichte.“
„Die verschwundene Familie“ im ZDF
Darum geht es in dem Film: In wenigen Stunden soll der Festakt zur 800-Jahr-Feier des Ostsee-Städtchens Nordholm stattfinden. Die lokale Prominenz steht in den Startlöchern, Kommissar Simon Kessler (Heino Ferch) aus Hamburg ist für den Personenschutz des erwarteten Ministerpräsidenten abgestellt.
Fehlt nur noch Anna Thomsen, die den Ablaufplan erarbeitet hat. In die Vorbereitungen platzt die Nachricht, dass Annas Ehemann Jakob tot am Strand gefunden wurde.
Anna indes bleibt, wie ihre Tochter Lilly, verschwunden; Sohn Sven, von einer Klassenfahrt zurückgekommen, steht vor einem verlassenen Elternhaus. Mit seiner ortsansässigen Kollegin Hella Christensen (Barbara Auer), die ihren Dienst eigentlich quittiert hat, übernimmt Kessler die Ermittlungen.
Nordholm ein fiktiver Ort
Mit „Die verschwundene Familie“ kehrt das ZDF nach Nordholm zurück. 2015 mussten Kessler und Christensen in „Tod eines Mädchens“ den Mord an Silke Broders (Anja Kling) Tochter aufklären.
Schon in diesem von der Kritik gefeierten Zweiteiler ging es weniger um die Tat als um die Erschütterungen, die der Mord in der kleinen Inselgemeinde auslöste.
Weil Nordholm ein fiktiver Ort ist, diente wieder das Städtchen Lütjenburg bei Plön in Schleswig-Holstein als Drehort. So wurde aus einem Café eine Versicherungsagentur und aus einem Trödel- ein Buchladen.
Misstrauen, Abneigung, Schrecken – die Nachbeben sind auch vier Jahre später noch zu verspüren. Entsprechend begegnet der Zuschauer, der den ersten Film kennt, zwar vertrauten Figuren wie der Buchhändlerin Broder oder Christensens Ehemann Johannes (Rainer Bock), doch die stehen – wie auch die beiden Ermittler – in einer durch Erfahrung und Zeit veränderten Lebenssituation.
Das Zeug zum „Straßenfeger“
In Nordholm scheint zunächst alles klar. Weil die Gerichtsmedizin die frühe Annahme einer Selbsttötung Jakobs bestätigt und es nicht den kleinsten Hinweis auf den Verbleib von Mutter und Tochter gibt, geht Kessler von erweitertem Suizid aus.
Christensen, die mit der kaltschnäuzigen, überheblichen Art des vorgesetzten Kollegen ihre Schwierigkeiten hat, will das nicht akzeptieren.
Die Thomsens sind ihre Nachbarn, sie kennt die Familie gut, Jakob hat sich vielleicht umgebracht, aber nie und nimmer Frau und Tochter. Sie glaubt, will glauben, dass Anna und Lilly leben, noch gerettet werden können. Doch dann kommen Zweifel an der vermeintlich harmonischen Ehe auf, und alle Hinweise führen zu den Bewohnern des Städtchens.
Film hat internationales Niveau
„Die verschwundene Familie“ (Buch und Regie wieder Thomas Berger) gehört zu jenen TV-Glücksfällen, in denen 180 Minuten keine Sekunde zu viel sind.
Früher hätte der Film das Zeug zum „Straßenfeger“ gehabt: Eine ungemein komplexe Geschichte, deren Kraft und Spannung gerade aus der ruhigen Erzählweise erwächst, ganz großartig besetzt (unter anderem mit Ulrike Kriener, Dietrich Hollinderbäumer, Markus Boysen, Bernadette Heerwagen), überragend in Bilder umgesetzt (Frank Küpper) und von Florian Tessloffs Musik genial unterstützt.
Das hat jenes internationale Niveau, das man deutschen Fernsehfilmen leider viel zu oft absprechen muss.
„Die verschwundene Familie“
- Im Internet: Das ZDF zeigt den Film auch in seiner Mediathek. Den Link dazu finden Sie hier.