Köln. Im Kölner „Tatort: Weiter, immer weiter“ bekommen die Ermittler Konkurrenz. Ein Krimi mit starkem Hauptdarsteller. Doch etwas fehlt.

Wenn die Herren Kommissare keine Lust haben, gegen die Russenmafia zu ermitteln, dann muss man als Streifenpolizist eben selbst ran. Das führt allerdings, man ahnt es früh, zu katastrophalen Folgen.

Es klingt nach einem durchaus verlockenden Krimithema, das sich die Autoren Arne Nolting und Jan Martin Scharf für den aktuellen Kölner „Tatort: Weiter, immer weiter“ ausgedacht haben. Aber funktioniert es auch? Nun ja.

Bei der Verkehrskontrolle von der Bahn überfahren

Mit dem bulligen Roeland Wiesnekker hat Regisseur Sebastian Ko immerhin die ideale Besetzung für einen Gestrauchelten gefunden, der es allen noch mal beweisen will: Frank Lorenz ist von der Kripo zur Streife degradiert worden, Alkohol war wohl das Problem, nun sieht er die Chance, sich irgendwie zu rehabilitieren.

Dealt die Russenmafia am „Tatort“ Köln?

Rechtsmediziner Dr. Joseph Roth (Joe Bausch, links) und die Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, Mitte) und Freddy Schenk (Dietmar Bär, 2.v.re.) am Tatort: Ein junger Mann rannte bei einer Verkehrskontrolle vor der Polizei weg – und direkt vor eine Straßenbahn.
Rechtsmediziner Dr. Joseph Roth (Joe Bausch, links) und die Kommissare Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, Mitte) und Freddy Schenk (Dietmar Bär, 2.v.re.) am Tatort: Ein junger Mann rannte bei einer Verkehrskontrolle vor der Polizei weg – und direkt vor eine Straßenbahn. © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Die Polizisten Frank Lorenz (Roeland Wiesnekker, Mitte) und Vera Kreykamp (Laina Schwarz, rechts) beschreiben Ballauf (Klaus J. Behrendt, l), wie es zu dem tödlichen Zusammenstoß mit der Straßenbahn kam. Lorenz war derjenige, der den Toten zuvor kontrolliert hatte.
Die Polizisten Frank Lorenz (Roeland Wiesnekker, Mitte) und Vera Kreykamp (Laina Schwarz, rechts) beschreiben Ballauf (Klaus J. Behrendt, l), wie es zu dem tödlichen Zusammenstoß mit der Straßenbahn kam. Lorenz war derjenige, der den Toten zuvor kontrolliert hatte. © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Frank Lorenz (Roeland Wiesnekker, Mitte) sagt aus, ein schwarzer Geländewagen mit mehreren Männern sei nach dem Vorfall an ihm vorbeigefahren. Möglicherweise sei der junge Mann gehetzt worden. Freddy Schenk (Dietmar Bär, rechts), der mit Lorenz ausgebildet wurde, will seinem früheren Kollegen glauben.
Frank Lorenz (Roeland Wiesnekker, Mitte) sagt aus, ein schwarzer Geländewagen mit mehreren Männern sei nach dem Vorfall an ihm vorbeigefahren. Möglicherweise sei der junge Mann gehetzt worden. Freddy Schenk (Dietmar Bär, rechts), der mit Lorenz ausgebildet wurde, will seinem früheren Kollegen glauben. © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Ballauf (Klaus J. Behrendt, links) und Schenk (Dietmar Bär, rechts) befragen Mirko Pohl (Vincent Redetzki, Mitte), den Bruder des Toten. Er wirkt aggressiv und unruhig.
Ballauf (Klaus J. Behrendt, links) und Schenk (Dietmar Bär, rechts) befragen Mirko Pohl (Vincent Redetzki, Mitte), den Bruder des Toten. Er wirkt aggressiv und unruhig. © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Ein Verdacht des Kollegen Frank Lorenz führt Ballauf (Klaus J. Behrendt, rechts) und Schenk (Dietmar Bär, links) in eine Großmarkt-Halle zu einem russischen Händler.
Ein Verdacht des Kollegen Frank Lorenz führt Ballauf (Klaus J. Behrendt, rechts) und Schenk (Dietmar Bär, links) in eine Großmarkt-Halle zu einem russischen Händler. © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Der Aussage von Frank Lorenz zufolge ist am Tatort ein Wagen mit dem Logo der Firma von Irina Nikitina (Katerina Medvedeva, Mitte) hergefahren.
Der Aussage von Frank Lorenz zufolge ist am Tatort ein Wagen mit dem Logo der Firma von Irina Nikitina (Katerina Medvedeva, Mitte) hergefahren. © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Beim Besichtigen des Fuhrparks treffen Ballauf und Schenk zusammen mit Irina Nikitina auf den Sohn der Händlerin, Nikolaj Nikitin (Vladimir Burlakov, 2.v.l.). Die Aussage von Frank Lorenz passt sowohl zum Auto als auch zu dem jungen Mann.
Beim Besichtigen des Fuhrparks treffen Ballauf und Schenk zusammen mit Irina Nikitina auf den Sohn der Händlerin, Nikolaj Nikitin (Vladimir Burlakov, 2.v.l.). Die Aussage von Frank Lorenz passt sowohl zum Auto als auch zu dem jungen Mann. © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Ballauf (Klaus J. Behrendt, links) und Schenk (Dietmar Bär, rechts) begutachten mit ihrem Assistenten Norbert Jütte (Roland Riebeling, Mitte) Bilder einer Überwachungskamera.
Ballauf (Klaus J. Behrendt, links) und Schenk (Dietmar Bär, rechts) begutachten mit ihrem Assistenten Norbert Jütte (Roland Riebeling, Mitte) Bilder einer Überwachungskamera. © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Die Überwachungsbilder lassen die Kommissare an der Aussage von Frank Lorenz (Roeland Wiesnekker, rechts)  zweifeln. Ein schwarzer Wagen wurde zur Zeit des Unfalls nämlich nicht aufgezeichnet.
Die Überwachungsbilder lassen die Kommissare an der Aussage von Frank Lorenz (Roeland Wiesnekker, rechts) zweifeln. Ein schwarzer Wagen wurde zur Zeit des Unfalls nämlich nicht aufgezeichnet. © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Polizist Frank Lorenz (Roeland Wiesnekker) wird bei seiner Schwester Mechthild (Annette Paulmann) seinen Frust los. Warum glaubt ihm keiner?
Polizist Frank Lorenz (Roeland Wiesnekker) wird bei seiner Schwester Mechthild (Annette Paulmann) seinen Frust los. Warum glaubt ihm keiner? © WDR/Thomas Kost | WDR
Roman Beresow (Jevgenij Sitochin) gehört ein edles Hotel in Düsseldorf. Und er ist der Bruder von Händlerin Irina Nikitina Hat er etwas mit dem Tod von Pascal Pohl zu tun?
Roman Beresow (Jevgenij Sitochin) gehört ein edles Hotel in Düsseldorf. Und er ist der Bruder von Händlerin Irina Nikitina Hat er etwas mit dem Tod von Pascal Pohl zu tun? © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Bei den Ermittlungen kommt raus: Mit seinen eigenen Geschäften hatte Nikolaj Nikitin (Vladimir Burlakov) bisher nur Pech. Der Delikatessen-Großhandel seiner Mutter rettete ihn bisher vor der Pleite.
Bei den Ermittlungen kommt raus: Mit seinen eigenen Geschäften hatte Nikolaj Nikitin (Vladimir Burlakov) bisher nur Pech. Der Delikatessen-Großhandel seiner Mutter rettete ihn bisher vor der Pleite. © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Roman Beresow (Jevgenij Sitochin, links) kauft Delikatessen für sein Hotel bei Nikolaj Nikitin (Vladimir Burlakov, rechts). Ganz sauber ist das Geschäft nicht.
Roman Beresow (Jevgenij Sitochin, links) kauft Delikatessen für sein Hotel bei Nikolaj Nikitin (Vladimir Burlakov, rechts). Ganz sauber ist das Geschäft nicht. © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Frank Lorenz (Roeland Wiesnekker) ermittelt auch auf eigene Faust. Er verfolgt verbissen den Verdacht, dass der Tote von der Russen-Mafia gejagt worden ist.
Frank Lorenz (Roeland Wiesnekker) ermittelt auch auf eigene Faust. Er verfolgt verbissen den Verdacht, dass der Tote von der Russen-Mafia gejagt worden ist. © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Mirko Pohl (Vincent Redetzki), der Bruder des Toten, will unterdessen Rache: Mit einer Waffe, die er im Darknet organisiert hat, geht er nach einem Treffen mit Frank Lorenz auf die Nikitins los.
Mirko Pohl (Vincent Redetzki), der Bruder des Toten, will unterdessen Rache: Mit einer Waffe, die er im Darknet organisiert hat, geht er nach einem Treffen mit Frank Lorenz auf die Nikitins los. © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Ballauf (Klaus J. Behrendt, links) und Schenk (Dietmar Bär, rechts) eilen aus der Markthalle, nachdem sie erfahren haben, was Mirko Pohl zu der Racheaktion bewegt hat.
Ballauf (Klaus J. Behrendt, links) und Schenk (Dietmar Bär, rechts) eilen aus der Markthalle, nachdem sie erfahren haben, was Mirko Pohl zu der Racheaktion bewegt hat. © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Ballauf (Klaus J. Behrendt, Mitte) und Schenk (Dietmar Bär, links) befragen Roman Beresow (Jevgenij Sitochin, rechts) zum Tod von Pascal Pohl? Der Geschäftsmann erscheint den beiden allerdings nicht sehr verdächtig.
Ballauf (Klaus J. Behrendt, Mitte) und Schenk (Dietmar Bär, links) befragen Roman Beresow (Jevgenij Sitochin, rechts) zum Tod von Pascal Pohl? Der Geschäftsmann erscheint den beiden allerdings nicht sehr verdächtig. © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Ballauf (Klaus J. Behrendt, links) und Schenk (Dietmar Bär, rechts) erfahren, dass der russischen Familie zuletzt Beweise untergejubelt worden sind – von einem Polizisten. Sie bekommen die Anweisung, die Ermittlungen ruhen zu lassen.
Ballauf (Klaus J. Behrendt, links) und Schenk (Dietmar Bär, rechts) erfahren, dass der russischen Familie zuletzt Beweise untergejubelt worden sind – von einem Polizisten. Sie bekommen die Anweisung, die Ermittlungen ruhen zu lassen. © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
Die Kölner Kommissare wissen jetzt, wie alles zusammenhängt. Kommen sie noch rechtzeitig, um den Täter vor sich selbst zu schützen?
Die Kölner Kommissare wissen jetzt, wie alles zusammenhängt. Kommen sie noch rechtzeitig, um den Täter vor sich selbst zu schützen? © WDR/Martin Valentin Menke | WDR
1/19

Bei seiner Verkehrskontrolle ist ein junger Mann aus dem Auto gesprungen und von einer Straßenbahn überfahren worden. Bitter, dass ausgerechnet Lorenz’ alter Kumpel Freddy Schenk (Dietmar Bär) und dessen Kollege Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) nur von einer Tragödie ausgehen, wo er es doch besser zu wissen glaubt: Russische Gangster jagten den aufgeregt Flüchtenden, weil er ihnen offenbar Drogen gestohlen hatte.

Dialoge wirken hölzern und unecht

Wiesnekker, unrasiert, verschwitzt, mit glasigem Blick, gibt diesem nervösen, getriebenen Verlierer Tiefenschärfe, macht ihn zur umherirrenden Zeitbombe. Allerdings füttern ihn die Autoren allzu üppig mit Plattitüden. Wenn er bei seiner Schwester (Annette Paulmann) daheim oder bei Schenk wortreich das Arbeitsleid des „kleinen Streifenhörnchens“ beklagt, klingt das so, als hätte es die Polizeigewerkschaft aufgeschrieben.

Dialoge sind hier eh eine hölzerne Angelegenheit. Viel zu oft werden Gespräche simuliert, sie dienen im Grunde nur dazu, etwas zu erklären, zusammenzufassen, was man im Übrigen als Zuschauer ohnehin schon längst begriffen hat.

Es ist eine alte deutsche Fernsehkrimi-Krankheit, bei der Autoren und Regisseure ihrer eigenen Arbeit und der Kraft von Bildern nicht richtig trauen. Ärgerlich, weil man als Betrachter ja nicht gerne für so dumm gehalten werden möchte. Im peinlichsten Fall greift sich der Bruder (Vincent Redetzki) des Überfahrenen die Pistole und zischt mit wutverzerrtem Blick: „Ich werde dich rächen.“ Da hätte man auch so drauf kommen können.

Große Überraschung am Ende

Schenk und Ballauf geraten dazu in den vorhersehbaren Konflikt, dass der eine den alten Freund nicht hängen lassen will, und der andere ausflippt, weil dieser Freund sich in die Ermittlungen einmischt. Auch das liefert nicht viel Potenzial für Überraschendes in dieser ohnehin eher routiniert inszenierten Geschichte.

Gleichwohl ist es am Ende nicht nur Wiesnekker, der den Krimi einigermaßen auf Trab hält. Das Drehbuch hat zumindest noch für die Schlussphase eine saftige Überraschung parat, zu der man nicht mal eine Andeutung wagen darf. Ob einen das mit dem Gesamtwerk versöhnt, sei dahingestellt. So wird das „Tatort“-Jahr 2019.

Fazit: Krimi-Geschichte mit Potenzial und einem starken Hauptdarsteller. Reicht aber diesmal nicht.

ARD, Sonntag, 6.1.2019, 20.15 Uhr