So ist der neue „Tatort“ aus Köln: „Weiter, immer weiter“
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Von Frank Preuß
Köln. Im Kölner „Tatort: Weiter, immer weiter“ bekommen die Ermittler Konkurrenz. Ein Krimi mit starkem Hauptdarsteller. Doch etwas fehlt.
Wenn die Herren Kommissare keine Lust haben, gegen die Russenmafia zu ermitteln, dann muss man als Streifenpolizist eben selbst ran. Das führt allerdings, man ahnt es früh, zu katastrophalen Folgen.
Es klingt nach einem durchaus verlockenden Krimithema, das sich die Autoren Arne Nolting und Jan Martin Scharf für den aktuellen Kölner „Tatort: Weiter, immer weiter“ ausgedacht haben. Aber funktioniert es auch? Nun ja.
Bei der Verkehrskontrolle von der Bahn überfahren
Mit dem bulligen Roeland Wiesnekker hat Regisseur Sebastian Ko immerhin die ideale Besetzung für einen Gestrauchelten gefunden, der es allen noch mal beweisen will: Frank Lorenz ist von der Kripo zur Streife degradiert worden, Alkohol war wohl das Problem, nun sieht er die Chance, sich irgendwie zu rehabilitieren.
Dealt die Russenmafia am „Tatort“ Köln?
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Bei seiner Verkehrskontrolle ist ein junger Mann aus dem Auto gesprungen und von einer Straßenbahn überfahren worden. Bitter, dass ausgerechnet Lorenz’ alter Kumpel Freddy Schenk (Dietmar Bär) und dessen Kollege Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) nur von einer Tragödie ausgehen, wo er es doch besser zu wissen glaubt: Russische Gangster jagten den aufgeregt Flüchtenden, weil er ihnen offenbar Drogen gestohlen hatte.
Dialoge wirken hölzern und unecht
Wiesnekker, unrasiert, verschwitzt, mit glasigem Blick, gibt diesem nervösen, getriebenen Verlierer Tiefenschärfe, macht ihn zur umherirrenden Zeitbombe. Allerdings füttern ihn die Autoren allzu üppig mit Plattitüden. Wenn er bei seiner Schwester (Annette Paulmann) daheim oder bei Schenk wortreich das Arbeitsleid des „kleinen Streifenhörnchens“ beklagt, klingt das so, als hätte es die Polizeigewerkschaft aufgeschrieben.
Dialoge sind hier eh eine hölzerne Angelegenheit. Viel zu oft werden Gespräche simuliert, sie dienen im Grunde nur dazu, etwas zu erklären, zusammenzufassen, was man im Übrigen als Zuschauer ohnehin schon längst begriffen hat.
Es ist eine alte deutsche Fernsehkrimi-Krankheit, bei der Autoren und Regisseure ihrer eigenen Arbeit und der Kraft von Bildern nicht richtig trauen. Ärgerlich, weil man als Betrachter ja nicht gerne für so dumm gehalten werden möchte. Im peinlichsten Fall greift sich der Bruder (Vincent Redetzki) des Überfahrenen die Pistole und zischt mit wutverzerrtem Blick: „Ich werde dich rächen.“ Da hätte man auch so drauf kommen können.
Große Überraschung am Ende
Schenk und Ballauf geraten dazu in den vorhersehbaren Konflikt, dass der eine den alten Freund nicht hängen lassen will, und der andere ausflippt, weil dieser Freund sich in die Ermittlungen einmischt. Auch das liefert nicht viel Potenzial für Überraschendes in dieser ohnehin eher routiniert inszenierten Geschichte.
Gleichwohl ist es am Ende nicht nur Wiesnekker, der den Krimi einigermaßen auf Trab hält. Das Drehbuch hat zumindest noch für die Schlussphase eine saftige Überraschung parat, zu der man nicht mal eine Andeutung wagen darf. Ob einen das mit dem Gesamtwerk versöhnt, sei dahingestellt. So wird das „Tatort“-Jahr 2019.
Fazit: Krimi-Geschichte mit Potenzial und einem starken Hauptdarsteller. Reicht aber diesmal nicht.