Berlin. „Druck“ bildet die Lebenswelt von Jugendlichen ab. Weil die nur noch schwer für TV zu begeistern sind, werden neue Kanäle genutzt.

Am Anfang war „Skam“. Norwegisch für Scham oder auch Schande. So nannte der norwegische Sender NRK im Jahr 2015 seine Serie über eine Gruppe Jugendlicher in Oslo. Er erfand damit eine neue Art des Fernsehens.

Und weil die Verbreitung über das Internet zentraler Bestandteil war, bekamen nach und nach Jugendliche weltweit mit, was ihnen da geboten wurde: ein ungewöhnlich ehrlicher Blick auf ihr Leben. Geschichten von Freundschaft, Liebe und Erfolgsdruck, mit viel Gefühl, aber dabei unsentimental erzählt.

7.51 Uhr: Die neue Szene geht online

Und das in kurzen Videosequenzen, die zu Tageszeiten im Internet veröffentlicht werden, wenn sie auch in der Geschichte passieren. Ein Gespräch über den möglicherweise untreuen Freund, morgens um kurz vor acht auf dem Weg zur Schule: Die Szene steht morgens um 7.51 Uhr online.

Für mehr Einblicke in die Geschichte können Fans dann WhatsApp-Nachrichten lesen, die sich die fiktiven Identifikationsfiguren untereinander schicken. Oder sie folgen ihnen bei Instagram, wo für sie eigene Profile geführt werden. Auch eine Art, Nähe herzustellen.

Aus „Skam“ wird für den deutschen Markt „Druck“

2017 hatte Autorin Julie Andem ihre Serie um Eva, Noora, Isak und Sana fertig erzählt; jede Hauptfigur bekam eine eigene Staffel. Der Erfolg inspirierte Sender weltweit – die deutsche „Skam“-Version heißt „Druck“ und wird von Funk, der Jugendsparte von ARD und ZDF, produziert.

Dasselbe Konzept, die gleiche Geschichte, aber angepasst an deutsche Gegebenheiten. Chef-Autor ist hier Alexander Lindh.

Die fiktiven Charaktere haben sogar Instagram-Profile

Nun werden die ersten Szenen der zweiten Staffel auf funk.net und Youtube gezeigt. Die deutschen Hauptfiguren heißen Hanna, Mia, Kiki, Sam und Amira – Staffel zwei wird aus Mias Perspektive erzählt, auch hier begleitet von fiktiven Social-Media-Profilen.

„Für uns sind die Instagram-Kanäle ein wichtiger Teil des Erzählkosmos. Wir bespielen sie so, wie die Rollen sich im echten Leben auch verhalten würden“, sagt Funk-Formatentwickler Max Fraenkel. Eigene „Skam“-Ableger gibt es unter anderem auch in Frankreich, Italien, den USA und den Niederlanden.

Und alle müssen sich von den Fans mit dem Original aus Norwegen vergleichen lassen. Die deutsche Fassung bestand den Test, die Zuschauer wollten mehr.

Ein – gelungener – Versuch, die jungen Zuschauer zu erreichen

„Wir versuchen mit ,Druck‘ junge Menschen im Alter von 16 bis 24 Jahren abzuholen und die Lebenswelt von 17- bis 18-Jährigen abzubilden, die gerade typische Coming-of-Age-Themen beschäftigen“, sagt Fraenkel.

Die Jugend ist längst ein schwieriger Kunde für Fernsehsender – wer mit dem Smartphone aufgewachsen ist, versteht die alten Methoden nicht. Sich um 20.15 Uhr hinzusetzen und 90 Minuten nur auf einen einzigen Bildschirm starren – passé. Auch für Eltern lohnt sich ein Blick auf „Druck“.

Die Figuren sind sehr genau gezeichnet, mit offensichtlichem Interesse der Macher, eine glaubwürdige Welt zu erschaffen. Praktisch: Die Videoschnipsel werden am Freitag wöchentlich zusammengefasst im klassischen Fernsehen gezeigt.

Fazit: Gut gemachtes neues Fernsehen. Auch für Erwachsene, die wissen wollen, was die junge Generation bewegt.

Läuft auf ZDFneo am 21.12. um 23.50 Uhr, passend zum Inhalt aber auch auf druck-serie.de und funk.net online. Die erste Staffel lässt sich in der Mediathek des ZDF anschauen.